Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 128

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Guts (des Reichs Gottes), der allein der strengsten Forderung der praktischen      
  02 Vernunft ein Gnüge thut. Das moralische Gesetz ist heilig (unnachsichtlich)      
  03 und fordert Heiligkeit der Sitten, obgleich alle moralische      
  04 Vollkommenheit, zu welcher der Mensch gelangen kann, immer nur Tugend      
  05 ist, d. i. gesetzmäßige Gesinnung aus Achtung fürs Gesetz, folglich Bewußtsein      
  06 eines continuirlichen Hanges zur Übertretung, wenigstens Unlauterkeit,      
  07 d. i. Beimischung vieler unächter (nicht moralischer) Bewegungsgründe      
  08 zur Befolgung des Gesetzes, folglich eine mit Demuth verbundene      
  09 Selbstschätzung und also in Ansehung der Heiligkeit, welche das christliche      
  10 Gesetz fordert, nichts als Fortschritt ins Unendliche dem Geschöpfe übrig      
  11 läßt, eben daher aber auch dasselbe zur Hoffnung seiner ins Unendliche      
  12 gehenden Fortdauer berechtigt. Der Werth einer dem moralischen Gesetze      
  13 völlig angemessenen Gesinnung ist unendlich: weil alle mögliche      
  14 Glückseligkeit im Urtheile eines weisen und alles vermögenden Austheilers      
  15 derselben keine andere Einschränkung hat, als den Mangel der Angemessenheit      
  16 vernünftiger Wesen an ihrer Pflicht. Aber das moralische Gesetz für      
  17 sich verheißt doch keine Glückseligkeit; denn diese ist nach Begriffen von      
  18 einer Naturordnung überhaupt mit der Befolgung desselben nicht nothwendig      
  19 verbunden. Die christliche Sittenlehre ergänzt nun diesen Mangel      
  20 (des zweiten unentbehrlichen Bestandstücks des höchsten Guts) durch die      
  21 Darstellung der Welt, darin vernünftige Wesen sich dem sittlichen Gesetze      
  22 von ganzer Seele weihen, als eines Reichs Gottes, in welchem Natur      
  23 und Sitten in eine jeder von beiden für sich selbst fremde Harmonie durch      
  24 einen heiligen Urheber kommen, der das abgeleitete höchste Gut möglich      
  25 macht. Die Heiligkeit der Sitten wird ihnen in diesem Leben schon zur      
           
     

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