Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 126 |
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01 | Autonomie der Vernunft selbst). Zur Pflicht gehört hier nur die Bearbeitung | ||||||
02 | zu Hervorbringung und Beförderung des höchsten Guts in der | ||||||
03 | Welt, dessen Möglichkeit also postulirt werden kann, die aber unsere Vernunft | ||||||
04 | nicht anders denkbar findet, als unter Voraussetzung einer höchsten | ||||||
05 | Intelligenz, deren Dasein anzunehmen also mit dem Bewußtsein unserer | ||||||
06 | Pflicht verbunden ist, obzwar diese Annehmung selbst für die theoretische | ||||||
07 | Vernunft gehört, in Ansehung derer allein sie, als Erklärungsgrund betrachtet, | ||||||
08 | Hypothese, in Beziehung aber auf die Verständlichkeit eines | ||||||
09 | uns doch durchs moralische Gesetz aufgegebenen Objects (des höchsten | ||||||
10 | Guts), mithin eines Bedürfnisses in praktischer Absicht, Glaube und | ||||||
11 | zwar reiner Vernunftglaube heißen kann, weil blos reine Vernunft | ||||||
12 | (sowohl ihrem theoretischen als praktischen Gebrauche nach) die Quelle | ||||||
13 | ist, daraus er entspringt. | ||||||
14 | Aus dieser Deduction wird es nunmehr begreiflich, warum die | ||||||
15 | griechischen Schulen zur Auflösung ihres Problems von der praktischen | ||||||
16 | Möglichkeit des höchsten Guts niemals gelangen konnten: weil sie nur | ||||||
17 | immer die Regel des Gebrauchs, den der Wille des Menschen von seiner | ||||||
18 | Freiheit macht, zum einzigen und für sich allein zureichenden Grunde derselben | ||||||
19 | machten, ohne ihrem Bedünken nach das Dasein Gottes dazu zu | ||||||
20 | bedürfen. Zwar thaten sie daran recht, daß sie das Princip der Sitten unabhängig | ||||||
21 | von diesem Postulat für sich selbst aus dem Verhältniß der Vernunft | ||||||
22 | allein zum Willen festsetzten und es mithin zur obersten praktischen | ||||||
23 | Bedingung des höchsten Guts machten; es war aber darum nicht die | ||||||
24 | ganze Bedingung der Möglichkeit desselben. Die Epikureer hatten nun | ||||||
25 | zwar ein ganz falsches Princip der Sitten zum obersten angenommen, | ||||||
26 | nämlich das der Glückseligkeit, und eine Maxime der beliebigen Wahl | ||||||
27 | nach jedes seiner Neigung für ein Gesetz untergeschoben: aber darin verfuhren | ||||||
28 | sie doch consequent genug, daß sie ihr höchstes Gut eben so, nämlich | ||||||
29 | der Niedrigkeit ihres Grundsatzes proportionirlich, abwürdigten und | ||||||
30 | keine größere Glückseligkeit erwarteten, als die sich durch menschliche Klugheit | ||||||
31 | (wozu auch Enthaltsamkeit und Mäßigung der Neigungen gehört) erwerben | ||||||
32 | läßt, die, wie man weiß, kümmerlich genug und nach Umständen | ||||||
33 | sehr verschiedentlich ausfallen muß; die Ausnahmen, welche ihre Maximen | ||||||
34 | unaufhörlich einräumen mußten, und die sie zu Gesetzen untauglich machen, | ||||||
35 | nicht einmal gerechnet. Die Stoiker hatten dagegen ihr oberstes praktisches | ||||||
36 | Princip, nämlich die Tugend, als Bedingung des höchsten Guts | ||||||
37 | ganz richtig gewählt, aber indem sie den Grad derselben, der für das reine | ||||||
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