Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 120

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Gemüthskräfte, das ihrige aber sich selbst. Das Interesse ihres speculativen      
  02 Gebrauchs besteht in der Erkenntniß des Objects bis zu den      
  03 höchsten Principien a priori, das des praktischen Gebrauchs in der Bestimmung      
  04 des Willens in Ansehung des letzten und vollständigen Zwecks.      
  05 Das, was zur Möglichkeit eines Vernunftgebrauchs überhaupt erforderlich      
  06 ist, nämlich daß die Principien und Behauptungen derselben einander      
  07 nicht widersprechen müssen, macht keinen Theil ihres Interesse aus, sondern      
  08 ist die Bedingung überhaupt Vernunft zu haben; nur die Erweiterung,      
  09 nicht die bloße Zusammenstimmung mit sich selbst wird zum Interesse      
  10 derselben gezählt.      
           
  11 Wenn praktische Vernunft nichts weiter annehmen und als gegeben      
  12 denken darf, als was speculative Vernunft für sich ihr aus ihrer Einsicht      
  13 darreichen konnte, so führt diese das Primat. Gesetzt aber, sie hätte für      
  14 sich ursprüngliche Principien a priori, mit denen gewisse theoretische Positionen      
  15 unzertrennlich verbunden wären, die sich gleichwohl aller möglichen      
  16 Einsicht der speculativen Vernunft entzögen (ob sie zwar derselben auch      
  17 nicht widersprechen müßten), so ist die Frage, welches Interesse das oberste      
  18 sei (nicht, welches weichen müßte, denn eines widerstreitet dem andern      
  19 nicht nothwendig): ob speculative Vernunft, die nichts von allem dem weiß,      
  20 was praktische ihr anzunehmen darbietet, diese Sätze aufnehmen und sie,      
  21 ob sie gleich für sie überschwenglich sind, mit ihren Begriffen als einen      
  22 fremden, auf sie übertragenen Besitz zu vereinigen suchen müsse, oder ob      
  23 sie berechtigt sei, ihrem eigenen, abgesonderten Interesse hartnäckig zu      
  24 folgen und nach der Kanonik des Epikurs alles als leere Vernünftelei      
  25 auszuschlagen, was seine objective Realität nicht durch augenscheinliche,      
  26 in der Erfahrung aufzustellende Beispiele beglaubigen kann, wenn es      
  27 gleich noch so sehr mit dem Interesse des praktischen (reinen) Gebrauchs      
  28 verwebt, an sich auch der theoretischen nicht widersprechend wäre, blos weil      
  29 es wirklich so fern dem Interesse der speculativen Vernunft Abbruch thut,      
  30 daß es die Grenzen, die diese sich selbst gesetzt, aufhebt und sie allem Unsinn      
  31 oder Wahnsinn der Einbildungskraft preisgiebt.      
           
  32 In der That, so fern praktische Vernunft als pathologisch bedingt,      
  33 d. i. das Interesse der Neigungen unter dem sinnlichen Princip der Glückseligkeit      
  34 blos verwaltend, zum Grunde gelegt würde, so ließe sich diese Zumuthung      
  35 an die speculative Vernunft gar nicht thun. Mahomets Paradies,      
  36 oder der Theosophen und Mystiker schmelzende Vereinigung      
  37 mit der Gottheit, so wie jedem sein Sinn steht, würden der Vernunft ihre      
           
     

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