Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 048 |
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| 01 | Diese Art von Creditiv des moralischen Gesetzes, da es selbst als ein | ||||||
| 02 | Princip der Deduction der Freiheit als einer Causalität der reinen Vernunft | ||||||
| 03 | aufgestellt wird, ist, da die theoretische Vernunft wenigstens die | ||||||
| 04 | Möglichkeit einer Freiheit anzunehmen genöthigt war, zu Ergänzung | ||||||
| 05 | eines Bedürfnisses derselben statt aller Rechtfertigung a priori völlig hinreichend. | ||||||
| 06 | Denn das moralische Gesetz beweiset seine Realität dadurch | ||||||
| 07 | auch für die Kritik der speculativen Vernunft genugthuend, daß es einer | ||||||
| 08 | blos negativ gedachten Causalität, deren Möglichkeit jener unbegreiflich | ||||||
| 09 | und dennoch sie anzunehmen nöthig war, positive Bestimmung, nämlich | ||||||
| 10 | den Begriff einer den Willen unmittelbar (durch die Bedingung einer allgemeinen | ||||||
| 11 | gesetzlichen Form seiner Maximen) bestimmenden Vernunft, | ||||||
| 12 | hinzufügt und so der Vernunft, die mit ihren Ideen, wenn sie speculativ | ||||||
| 13 | verfahren wollte, immer überschwenglich wurde, zum erstenmale objective, | ||||||
| 14 | obgleich nur praktische Realität zu geben vermag und ihren transscendenten | ||||||
| 15 | Gebrauch in einen immanenten (im Felde der Erfahrung durch | ||||||
| 16 | Ideen selbst wirkende Ursachen zu sein) verwandelt. | ||||||
| 17 | Die Bestimmung der Causalität der Wesen in der Sinnenwelt als | ||||||
| 18 | einer solchen konnte niemals unbedingt sein, und dennoch muß es zu aller | ||||||
| 19 | Reihe der Bedingungen nothwendig etwas Unbedingtes, mithin auch eine | ||||||
| 20 | sich gänzlich von selbst bestimmende Causalität geben. Daher war die | ||||||
| 21 | Idee der Freiheit als eines Vermögens absoluter Spontaneität nicht ein | ||||||
| 22 | Bedürfniß, sondern, was deren Möglichkeit betrifft, ein analytischer | ||||||
| 23 | Grundsatz der reinen speculativen Vernunft. Allein da es schlechterdings | ||||||
| 24 | unmöglich ist, ihr gemäß ein Beispiel in irgend einer Erfahrung zu geben, | ||||||
| 25 | weil unter den Ursachen der Dinge als Erscheinungen keine Bestimmung | ||||||
| 26 | der Causalität, die schlechterdings unbedingt wäre, angetroffen werden | ||||||
| 27 | kann, so konnten wir nur den Gedanken von einer freihandelnden Ursache, | ||||||
| 28 | wenn wir diesen auf ein Wesen in der Sinnenwelt, so fern es andererseits | ||||||
| 29 | auch als Noumenon betrachtet wird, anwenden, vertheidigen, | ||||||
| 30 | indem wir zeigten, daß es sich nicht widerspreche, alle seine Handlungen | ||||||
| 31 | als physisch bedingt, so fern sie Erscheinungen sind, und doch zugleich die | ||||||
| 32 | Causalität derselben, so fern das handelnde Wesen ein Verstandeswesen | ||||||
| 33 | ist, als physisch unbedingt anzusehen und so den Begriff der Freiheit zum | ||||||
| 34 | regulativen Princip der Vernunft zu machen, wodurch ich zwar den Gegenstand, | ||||||
| 35 | dem dergleichen Causalität beigelegt wird, gar nicht erkenne, | ||||||
| 36 | was er sei, aber doch das Hinderniß wegnehme, in dem ich einerseits in | ||||||
| 37 | der Erklärung der Weltbegebenheiten, mithin auch der Handlungen vernünftiger | ||||||
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