Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 045 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | des Willens , d. i. der Causalität des vernünftigen Wesens | ||||||
02 | in Ansehung der Wirklichkeit der Objecte, (blos durch den Gedanken der | ||||||
03 | Allgemeingültigkeit ihrer eigenen Maximen als Gesetzes) sein könne, sind | ||||||
04 | sehr verschieden. | ||||||
05 | Die erste, als zur Kritik der reinen speculativen Vernunft gehörig, | ||||||
06 | erfordert, daß zuvor erklärt werde, wie Anschauungen, ohne welche uns | ||||||
07 | überall kein Object gegeben und also auch keines synthetisch erkannt werden | ||||||
08 | kann, a priori möglich sind, und ihre Auflösung fällt dahin aus, daß | ||||||
09 | sie insgesammt nur sinnlich sind, daher auch kein speculatives Erkenntniß | ||||||
10 | möglich werden lassen, das weiter ginge, als mögliche Erfahrung reicht, | ||||||
11 | und daß daher alle Grundsätze jener reinen speculativen Vernunft nichts | ||||||
12 | weiter ausrichten, als Erfahrung entweder von gegebenen Gegenständen, | ||||||
13 | oder denen, die ins Unendliche gegeben werden mögen, niemals aber vollständig | ||||||
14 | gegeben sind, möglich zu machen. | ||||||
15 | Die zweite, als zur Kritik der praktischen Vernunft gehörig, fordert | ||||||
16 | keine Erklärung, wie die Objecte des Begehrungsvermögens möglich sind, | ||||||
17 | denn das bleibt als Aufgabe der theoretischen Naturerkenntniß der Kritik | ||||||
18 | der speculativen Vernunft überlassen, sondern nur, wie Vernunft die | ||||||
19 | Maxime des Willens bestimmen könne, ob es nur vermittelst empirischer | ||||||
20 | Vorstellungen als Bestimmungsgründe geschehe, oder ob auch reine Vernunft | ||||||
21 | praktisch und ein Gesetz einer möglichen, gar nicht empirisch erkennbaren | ||||||
22 | Naturordnung sein würde. Die Möglichkeit einer solchen übersinnlichen | ||||||
23 | Natur, deren Begriff zugleich der Grund der Wirklichkeit derselben | ||||||
24 | durch unseren freien Willen sein könne, Bedarf keiner Anschauung | ||||||
25 | a priori (einer intelligibelen Welt), die in diesem Falle, als übersinnlich, | ||||||
26 | für uns auch unmöglich sein müßte. Denn es kommt nur auf den Bestimmungsgrund | ||||||
27 | des Wollens in den Maximen desselben an, ob jener empirisch, | ||||||
28 | oder ein Begriff der reinen Vernunft (von der Gesetzmäßigkeit derselben | ||||||
29 | überhaupt) sei, und wie er letzteres sein könne. Ob die Causalität | ||||||
30 | des Willens zur Wirklichkeit der Objecte zulange, oder nicht, bleibt den | ||||||
31 | theoretischen Principien der Vernunft zu beurtheilen überlassen, als Untersuchung | ||||||
32 | der Möglichkeit der Objecte des Wollens, deren Anschauung | ||||||
33 | also in der praktischen Aufgabe gar kein Moment derselben ausmacht. | ||||||
34 | Nur auf die Willensbestimmung und den Bestimmungsgrund der Maxime | ||||||
35 | desselben als eines freien Willens kommt es hier an, nicht auf den Erfolg. | ||||||
36 | Denn wenn der Wille nur für die reine Vernunft gesetzmäßig ist, | ||||||
37 | so mag es mit dem Vermögen desselben in der Ausführung stehen, wie | ||||||
[ Seite 044 ] [ Seite 046 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |