Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 035

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 eines Gesetzes zu verschaffen und sie so der reinen praktischen Vernunft      
  02 angemessen zu machen, aus welcher Einschränkung, und nicht dem Zusatz einer      
  03 äußeren Triebfeder, alsdann der Begriff der Verbindlichkeit, die Maxime meiner      
  04 Selbtliebe auch auf die Glückseligkeit anderer zu erweitern, allein entspringen      
  05 konnte.      
           
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Anmerkung II
     
           
  07 Das gerade Widerspiel des Princips der Sittlichkeit ist: wenn das der eigenen      
  08 Glückseligkeit zum Bestimmungsgrunde des Willens gemacht wird, wozu, wie      
  09 ich oben gezeigt habe, alles überhaupt gezählt werden muß, was den Bestimmungsgrund,      
  10 der zum Gesetze dienen soll, irgend worin anders als in der gesetzgebenden      
  11 Form der Maxime setzt. Dieser Widerstreit ist aber nicht blos logisch, wie der      
  12 zwischen emprisch=bedingten Regeln, die man doch zu nothwendigen Erkenntnißprincipien      
  13 erheben wollte, sondern praktisch und würde, wäre nicht die Stimme der      
  14 Vernunft in Beziehung auf den Willen so deutlich, so unüberschreibar, selbst für den      
  15 gemeinsten Menschen so vernehmlich, die Sittlichkeit gänzlich zu Grunde richten; so      
  16 aber kann sie sich nur noch in den kopfverwirrenden Speculationen der Schulen      
  17 erhalten, die dreist genug sind, sich gegen jene himmlische Stimme taub zu machen,      
  18 um eine Theorie, die kein Kopfbrechen kostet, aufrecht zu erhalten.      
           
  19 Wenn ein dir sonst beliebter Umgangsfreund sich bei dir wegen eines falschen      
  20 abgelegten Zeugnisses dadurch zu rechtfertigen vermeinte, daß er zuerst die seinem      
  21 Vorgeben nach heilige Pflicht der eigenen Glückseligkeit vorschützte, alsdann die Vortheile      
  22 herzählte, die er sich alle dadurch erworben, die Klugheit namhaft machte, die      
  23 er beobachtet, um wider alle Entdeckung sicher zu sein, selbst wider die von Seiten      
  24 deiner selbst, dem er das Geheimniß darum allein offenbart, damit er es zu aller      
  25 Zeit ableugnen könne; dann aber im ganzen Ernst vorgäbe, er habe eine wahre      
  26 Menschenpflicht ausgeübt: so würdest du ihm entweder gerade ins Gesicht lachen,      
  27 oder mit Abscheu davon zurückbeben, ob du gleich, wenn jemand blos auf eigene      
  28 Vortheile seine Grundsätze gesteuert hat, wider diese Maßregeln nicht das mindeste      
  29 einzuwenden hättest. Oder setzet, es empfehle euch jemand einen Mann      
  30 zum Haushalter, dem ihr alle eure Angelegenheiten blindlings anvertrauen könnet,      
  31 und, um euch Zutrauen einzuflößen, rühmte er ihn als einen klugen Menschen, der      
  32 sich auf seinen eigenen Vortheil meisterhaft verstehe, auch als einen rastlos wirksamen,      
  33 der keine Gelegenheit dazu ungenutzt vorbeigehen ließe, endlich, damit auch      
  34 ja nicht Besorgnisse wegen eines pöbelhaften Eigennutzes desselben im Wege ständen,      
  35 rühmte er, wie er recht fein zu leben verstände, nicht im Geldsammeln oder      
  36 brutaler Üppigkeit, sondern in der Erweiterung seiner Kenntnisse, einem wohlgewählten      
  37 belehrenden Umgange, selbst im Wohlthun der Dürftigen sein Vergnügen      
  38 suchte, übrigens aber wegen der Mittel (die doch ihren Werth oder Unwerth nur      
  39 vom Zwecke entlehnen) nicht bedenklich wäre, und fremdes Geld und Gut ihm hiezu,      
           
     

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