Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 544

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
Anmerkung.
     
           
  02 Dieses mechanische Gesetz muß allein das Gesetz der Trägheit ( lex inertiae )      
  03 genannt werden, das Gesetz der einer jeden Wirkung entgegengesetzten gleichen      
  04 Gegenwirkung kann diesen Namen nicht führen. Denn dieses sagt, was die Materie      
  05 thut, jenes aber nur, was sie nicht thut, welches dem Ausdrucke der Trägheit      
  06 besser angemessen ist. Die Trägheit der Materie ist und bedeutet nichts anders, als      
  07 ihre Leblosigkeit als Materie an sich selbst. Leben heißt das Vermögen einer      
  08 Substanz, sich aus einem inneren Princip zum Handeln, einer endlichen      
  09 Substanz, sich zur Veränderung, und einer materiellen Substanz, sich zur      
  10 Bewegung oder Ruhe als Veränderung ihres Zustandes zu bestimmen. Nun kennen      
  11 wir kein anderes inneres Princip einer Substanz, ihren Zustand zu verändern,      
  12 als das Begehren und überhaupt keine andere innere Thätigkeit als Denken      
  13 mit dem, was davon abhängt, Gefühl der Lust oder Unlust und Begierde oder      
  14 Willen. Diese Bestimmungsgründe aber und Handlungen gehören gar nicht zu den      
  15 Vorstellungen äußerer Sinne und also auch nicht zu den Bestimmungen der Materie      
  16 als Materie. Also ist alle Materie als solche leblos. Das sagt der Satz der      
  17 Trägheit und nichts mehr. Wenn wir die Ursache irgend einer Veränderung der      
  18 Materie im Leben suchen, so werden wir es auch sofort in einer anderen, von der      
  19 Materie verschiedenen, obzwar mit ihr verbundenen Substanz zu suchen haben.      
  20 Denn in der Naturkenntniß ist es nöthig, zuvor die Gesetze der Materie als einer      
  21 solchen zu kennen und sie von dem Beitritte aller anderen wirkenden Ursachen zu      
  22 läutern, ehe man sie damit verknüpft, um wohl zu unterscheiden, was und wie jede      
  23 derselben für sich allein wirke. Auf dem Gesetze der Trägheit (neben dem der Beharrlichkeit      
  24 der Substanz) beruht die Möglichkeit einer eigentlichen Naturwissenschaft      
  25 ganz und gar. Das Gegentheil des erstern und daher auch der Tod aller      
  26 Naturphilosophie wäre der Hylozoism. Aus eben demselben Begriffe der Trägheit      
  27 als bloßer Leblosigkeit fließt von selbst, daß sie nicht ein positives Bestreben      
  28 seinen Zustand zu erhalten bedeute. Nur lebende Wesen werden in diesem      
  29 letzteren Verstande träg genannt, weil sie eine Vorstellung von einem anderen Zustande      
  30 haben, den sie verabscheuen, und ihre Kraft dagegen anstrengen.      
           
  31
Lehrsatz 4.
     
           
  32 Drittes mechanisches Gesetz. In aller Mittheilung der Bewegung      
  33 sind Wirkung und Gegenwirkung einander jederzeit gleich.      
           
  34
Beweis.
     
           
  35 (Aus der allgemeinen Metaphysik muß der Satz entlehnt werden, daß      
  36 alle äußere Wirkung in der Welt Wechselwirkung sei. Hier soll, um in      
           
     

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