Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 165 |
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01 | Widerspruch. Wir haben zwar oben nicht beweisen können, daß die sinnliche | ||||||
02 | Anschauung die einzige mögliche Anschauung überhaupt, sondern daß | ||||||
03 | sie es nur für uns sei, wir konnten aber auch nicht beweisen, daß noch | ||||||
04 | eine andere Art der Anschauung möglich sei; und obgleich unser Denken | ||||||
05 | von jeder Sinnlichkeit abstrahiren kann, so bleibt doch die Frage, ob es | ||||||
06 | alsdann nicht eine bloße Form eines Begriffs sei, und ob bei dieser Abtrennung | ||||||
07 | überall ein Object übrig bleibe. | ||||||
08 | Das Object, worauf ich die Erscheinung überhaupt beziehe, ist der | ||||||
09 | transscendentale Gegenstand, d. i. der gänzlich unbestimmte Gedanke von | ||||||
10 | Etwas überhaupt. Dieser kann nicht das Noumenon heißen; denn ich | ||||||
11 | weiß von ihm nicht, was er an sich selbst sei, und habe gar keinen Begriff | ||||||
12 | von ihm, als blos von dem Gegenstande einer sinnlichen Anschauung überhaupt, | ||||||
13 | der also für alle Erscheinungen einerlei ist. Ich kann ihn durch | ||||||
14 | keine Kategorien denken; denn diese gilt von der empirischen Anschauung, | ||||||
15 | um sie unter einen Begriff vom Gegenstande überhaupt zu bringen. Ein | ||||||
16 | reiner Gebrauch der Kategorie ist zwar möglich, d. i. ohne Widerspruch, | ||||||
17 | aber hat gar keine objective Gültigkeit, weil sie auf keine Anschauung geht, | ||||||
18 | die dadurch Einheit des Objects bekommen sollte; denn die Kategorie ist | ||||||
19 | doch eine bloße Function des Denkens, wodurch mir kein Gegenstand gegeben, | ||||||
20 | sondern nur, was in der Anschauung gegeben werden mag, gedacht | ||||||
21 | wird. | ||||||
22 | Wenn ich alles Denken (durch Kategorien) aus einer empirischen Erkenntniß | ||||||
23 | wegnehme, so bleibt gar keine Erkenntniß irgend eines Gegenstandes | ||||||
24 | übrig; denn durch bloße Anschauung wird gar nichts gedacht, und | ||||||
25 | daß diese Affection der Sinnlichkeit in mir ist, macht gar keine Beziehung | ||||||
26 | von dergleichen Vorstellung auf irgend ein Object aus. Lasse ich aber hingegen | ||||||
27 | alle Anschauung weg, so bleibt doch noch die Form des Denkens, d. i. | ||||||
28 | die Art, dem Mannigfaltigen einer möglichen Anschauung einen Gegenstand | ||||||
29 | zu bestimmen. Daher erstrecken sich die Kategorien so fern weiter, | ||||||
30 | als die sinnliche Anschauung, weil sie Objecte überhaupt denken, ohne noch | ||||||
31 | auf die besondere Art (der Sinnlichkeit) zu sehen, in der sie gegeben werden | ||||||
32 | mögen. Sie bestimmen aber dadurch nicht eine größere Sphäre von | ||||||
33 | Gegenständen, weil, daß solche gegeben werden können, man nicht annehmen | ||||||
34 | kann, ohne daß man eine andere als sinnliche Art der Anschauung | ||||||
35 | als möglich voraussetzt, wozu wir aber keinesweges berechtigt sind. | ||||||
36 | Ich nenne einen Begriff problematisch, der keinen Widerspruch enthält, | ||||||
37 | der auch als eine Begränzung gegebener Begriffe mit andern Erkenntnissen | ||||||
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