Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 524 |
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01 | noch welches die Naturursachen sind, die ihre Befriedigung bewirken | ||||||
02 | können. Das zweite abstrahirt von Neigungen und Naturmitteln sie zu | ||||||
03 | befriedigen und betrachtet nur die Freiheit eines vernünftigen Wesens | ||||||
04 | überhaupt und die nothwendigen Bedingungen, unter denen sie allein mit | ||||||
05 | der Austheilung der Glückseligkeit nach Principien zusammenstimmt, und | ||||||
06 | kann also wenigstens auf bloßen Ideen der reinen Vernunft beruhen | ||||||
07 | und a priori erkannt werden. | ||||||
08 | Ich nehme an, daß es wirklich reine moralische Gesetze gebe, die völlig | ||||||
09 | a priori (ohne Rücksicht auf empirische Bewegungsgründe, d. i. Glückseligkeit) | ||||||
10 | das Thun und Lassen, d. i. den Gebrauch der Freiheit eines vernünftigen | ||||||
11 | Wesens überhaupt, bestimmen, und daß diese Gesetze schlechterdings | ||||||
12 | (nicht bloß hypothetisch, unter Voraussetzung anderer empirischen | ||||||
13 | Zwecke) gebieten und also in aller Absicht nothwendig seien. Diesen | ||||||
14 | Satz kann ich mit Recht voraussetzen, nicht allein indem ich mich auf die | ||||||
15 | Beweise der aufgeklärtesten Moralisten, sondern auf das sittliche Urtheil | ||||||
16 | eines jeden Menschen berufe, wenn er sich ein dergleichen Gesetz deutlich | ||||||
17 | denken will. | ||||||
18 | Die reine Vernunft enthält also zwar nicht in ihrem speculativen, | ||||||
19 | aber doch in einem gewissen praktischen, nämlich dem moralischen, Gebrauche | ||||||
20 | Principien der Möglichkeit der Erfahrung, nämlich solcher | ||||||
21 | Handlungen, die den sittlichen Vorschriften gemäß in der Geschichte des | ||||||
22 | Menschen anzutreffen sein könnten. Denn da sie gebietet, daß solche geschehen | ||||||
23 | sollen, so müssen sie auch geschehen können, und es muß also eine | ||||||
24 | besondere Art von systematischer Einheit, nämlich die moralische, möglich | ||||||
25 | sein, indessen daß die systematische Natureinheit nach speculativen | ||||||
26 | Principien der Vernunft nicht bewiesen werden konnte, weil die Vernunft | ||||||
27 | zwar in Ansehung der Freiheit überhaupt, aber nicht in Ansehung | ||||||
28 | der gesammten Natur Causalität hat, und moralische Vernunftprincipien | ||||||
29 | zwar freie Handlungen, aber nicht Naturgesetze hervorbringen können. | ||||||
30 | Demnach haben die Principien der reinen Vernunft in ihrem praktischen, | ||||||
31 | namentlich aber dem moralischen Gebrauche objective Realität. | ||||||
32 | Ich nenne die Welt, sofern sie allen sittlichen Gesetzen gemäß wäre | ||||||
33 | (wie sie es denn nach der Freiheit der vernünftigen Wesen sein kann | ||||||
34 | und nach den nothwendigen Gesetzen der Sittlichkeit sein soll), eine | ||||||
35 | moralische Welt. Diese wird so fern bloß als intelligibele Welt gedacht, | ||||||
36 | weil darin von allen Bedingungen (Zwecken) und selbst von allen | ||||||
37 | Hindernissen der Moralität in derselben (Schwäche oder Unlauterkeit der | ||||||
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