Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 492 |
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01 | legt, im zweiten aber die Sentenz, die, weil sie hier die Quelle der | ||||||
02 | Streitigkeiten selbst trifft, einen ewigen Frieden gewähren muß. Auch | ||||||
03 | nöthigen die endlosen Streitigkeiten einer bloß dogmatischen Vernunft, | ||||||
04 | endlich in irgend einer Kritik dieser Vernunft selbst und in einer Gesetzgebung, | ||||||
05 | die sich auf sie gründet, Ruhe zu suchen; so wie Hobbes behauptet: | ||||||
06 | der Stand der Natur sei ein Stand des Unrechts und der Gewaltthätigkeit, | ||||||
07 | und man müsse ihn nothwendig verlassen, um sich dem gesetzlichen | ||||||
08 | Zwange zu unterwerfen, der allein unsere Freiheit dahin einschränkt, | ||||||
09 | daß sie mit jedes anderen Freiheit und eben dadurch mit dem gemeinen | ||||||
10 | Besten zusammen bestehen könne. | ||||||
11 | Zu dieser Freiheit gehört denn auch die, seine Gedanken, seine Zweifel, | ||||||
12 | die man sich nicht selbst auflösen kann, öffentlich zur Beurtheilung | ||||||
13 | auszustellen, ohne darüber für einen unruhigen und gefährlichen Bürger | ||||||
14 | verschrieen zu werden. Dies liegt schon in dem ursprünglichen Rechte der | ||||||
15 | menschlichen Vernunft, welche keinen anderen Richter erkennt, als selbst | ||||||
16 | wiederum die allgemeine Menschenvernunft, worin ein jeder seine Stimme | ||||||
17 | hat; und da von dieser alle Besserung, deren unser Zustand fähig ist, herkommen | ||||||
18 | muß, so ist ein solches Recht heilig und darf nicht geschmälert | ||||||
19 | werden. Auch ist es sehr unweise, gewisse gewagte Behauptungen oder | ||||||
20 | vermessene Angriffe auf die, welche schon die Beistimmung des größten | ||||||
21 | und besten Theils des gemeinen Wesens auf ihrer Seite haben, für gefährlich | ||||||
22 | auszuschreien; denn das heißt, ihnen eine Wichtigkeit geben, die sie | ||||||
23 | garnicht haben sollten. Wenn ich höre, daß ein nicht gemeiner Kopf die | ||||||
24 | Freiheit des menschlichen Willens, die Hoffnung eines künftigen Lebens | ||||||
25 | und das Dasein Gottes wegdemonstrirt haben solle, so bin ich begierig, das | ||||||
26 | Buch zu lesen, denn ich erwarte von seinem Talent, daß er meine Einsichten | ||||||
27 | weiterbringen werde. Das weiß ich schon zum voraus völlig gewiß, | ||||||
28 | daß er nichts von allem diesem wird geleistet haben; nicht darum weil ich | ||||||
29 | etwa schon im Besitze unbezwinglicher Beweise dieser wichtigen Sätze zu sein | ||||||
30 | glaubte, sondern weil mich die transscendentale Kritik, die mir den ganzen | ||||||
31 | Vorrath unserer reinen Vernunft aufdeckte, völlig überzeugt hat, daß, so | ||||||
32 | wie sie zu bejahenden Behauptungen in diesem Felde ganz unzulänglich | ||||||
33 | ist, so wenig und noch weniger werde sie wissen, um über diese Fragen etwas | ||||||
34 | verneinend behaupten zu können. Denn wo will der angebliche Freigeist | ||||||
35 | seine Kenntniß hernehmen, daß es z. B. kein höchstes Wesen gebe? | ||||||
36 | Dieser Satz liegt außerhalb dem Felde möglicher Erfahrung und darum | ||||||
37 | auch außer den Grenzen aller menschlichen Einsicht. Den dogmatischen | ||||||
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