Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 374

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 hebt nicht etwa zu einer gewissen Zeit an, um eine Wirkung hervorzubringen.      
  02 Denn sonst würde sie selbst dem Naturgesetz der Erscheinungen, so      
  03 fern es Causalreihen der Zeit nach bestimmt, unterworfen sein; und      
  04 die Causalität wäre alsdann Natur und nicht Freiheit. Also werden wir      
  05 sagen können: wenn Vernunft Causalität in Ansehung der Erscheinungen      
  06 haben kann, so ist sie ein Vermögen, durch welches die sinnliche Bedingung      
  07 einer empirischen Reihe von Wirkungen zuerst anfängt. Denn die      
  08 Bedingung, die in der Vernunft liegt, ist nicht sinnlich und fängt also      
  09 selbst nicht an. Demnach findet alsdann dasjenige statt, was wir in allen      
  10 empirischen Reihen vermißten: daß die Bedingung einer successiven      
  11 Reihe von Begebenheiten selbst empirisch unbedingt sein konnte. Denn      
  12 hier ist die Bedingung außer der Reihe der Erscheinungen (im Intelligibelen)      
  13 und mithin keiner sinnlichen Bedingung und keiner Zeitbestimmung      
  14 durch vorhergehende Ursache unterworfen.      
           
  15 Gleichwohl gehört doch eben dieselbe Ursache in einer andern Beziehung      
  16 auch zur Reihe der Erscheinungen. Der Mensch ist selbst Erscheinung.      
  17 Seine Willkür hat einen empirischen Charakter, der die (empirische) Ursache      
  18 aller seiner Handlungen ist. Es ist keine der Bedingungen, die den      
  19 Menschen diesem Charakter gemäß bestimmen, welche nicht in der Reihe      
  20 der Naturwirkungen enthalten wäre und dem Gesetze derselben gehorchte,      
  21 nach welchem gar keine empirisch unbedingte Causalität von dem, was in      
  22 der Zeit geschieht, angetroffen wird. Daher kann keine gegebene Handlung      
  23 (weil sie nur als Erscheinung wahrgenommen werden kann) schlechthin      
  24 von selbst anfangen. Aber von der Vernunft kann man nicht sagen,      
  25 daß vor demjenigen Zustande, daran sie die Willkür bestimmt, ein anderer      
  26 vorhergehe, darin dieser Zustand selbst bestimmt wird. Denn da Vernunft      
  27 selbst keine Erscheinung und gar keinen Bedingungen der Sinnlichkeit      
  28 unterworfen ist, so findet in ihr selbst in Betreff ihrer Causalität keine      
  29 Zeitfolge statt, und auf sie kann also das dynamische Gesetz der Natur,      
  30 was die Zeitfolge nach Regeln bestimmt, nicht angewandt werden.      
           
  31 Die Vernunft ist also die beharrliche Bedingung aller willkürlichen      
  32 Handlungen, unter denen der Mensch erscheint. Jede derselben ist im empirischen      
  33 Charakter des Menschen vorher bestimmt, ehe noch als sie geschieht.      
  34 In Ansehung des intelligibelen Charakters, wovon jener nur das sinnliche      
  35 Schema ist, gilt kein Vorher oder Nachher; und jede Handlung unangesehen      
  36 des Zeitverhältnisses, darin sie mit anderen Erscheinungen steht,      
  37 ist die unmittelbare Wirkung des intelligibelen Charakters der reinen Vernunft,      
           
     

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