Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 367

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 einen intelligibelen Charakter einräumen müssen, dadurch es zwar      
  02 die Ursache jener Handlungen als Erscheinungen ist, der aber selbst unter      
  03 keinen Bedingungen der Sinnlichkeit steht und selbst nicht Erscheinung ist.      
  04 Man könnte auch den ersteren den Charakter eines solchen Dinges in der      
  05 Erscheinung, den zweiten den Charakter des Dinges an sich selbst nennen.      
           
  06 Dieses handelnde Subject würde nun nach seinem intelligibelen Charakter      
  07 unter keinen Zeitbedingungen stehen, denn die Zeit ist nur die Bedingung      
  08 der Erscheinungen, nicht aber der Dinge an sich selbst. In ihm      
  09 würde keine Handlung entstehen, oder vergehen, mithin würde es      
  10 auch nicht dem Gesetze aller Zeitbestimmung, alles Veränderlichen unterworfen      
  11 sein: daß alles, was geschieht, in den Erscheinungen (des      
  12 vorigen Zustandes) seine Ursache antreffe. Mit einem Worte, die Causalität      
  13 desselben, so fern sie intellectuell ist, stände gar nicht in der Reihe      
  14 empirischer Bedingungen, welche die Begebenheit in der Sinnenwelt nothwendig      
  15 machen. Dieser intelligibele Charakter könnte zwar niemals unmittelbar      
  16 gekannt werden, weil wir nichts wahrnehmen können, als so fern      
  17 es erscheint; aber er würde doch dem empirischen Charakter gemäß gedacht      
  18 werden müssen, so wie wir überhaupt einen transscendentalen Gegenstand      
  19 den Erscheinungen in Gedanken zum Grunde legen müssen, ob wir zwar      
  20 von ihm, was er an sich selbst sei, nichts wissen.      
           
  21 Nach seinem empirischen Charakter würde also dieses Subject als Erscheinung      
  22 allen Gesetzen der Bestimmung nach der Causalverbindung unterworfen      
  23 sein; und es wäre so fern nichts, als ein Theil der Sinnenwelt,      
  24 dessen Wirkungen, so wie jede andere Erscheinung aus der Natur unausbleiblich      
  25 abflössen. So wie äußere Erscheinungen in dasselbe einflössen,      
  26 wie sein empirischer Charakter, d. i. das Gesetz seiner Causalität, durch      
  27 Erfahrung erkannt wäre, müßten sich alle seine Handlungen nach Naturgesetzen      
  28 erklären lassen, und alle Requisite zu einer vollkommenen und nothwendigen      
  29 Bestimmung derselben müßten in einer möglichen Erfahrung      
  30 angetroffen werden.      
           
  31 Nach dem intelligibelen Charakter desselben aber (ob wir zwar davon      
  32 nichts als bloß den allgemeinen Begriff desselben haben können) würde      
  33 dasselbe Subject dennoch von allem Einflusse der Sinnlichkeit und Bestimmung      
  34 durch Erscheinungen freigesprochen werden müssen; und da in ihm,      
  35 so fern es Noumenon ist, nichts geschieht, keine Veränderung, welche      
  36 dynamische Zeitbestimmung erheischt, mithin keine Verknüpfung mit Erscheinungen      
  37 als Ursachen angetroffen wird, so würde dieses thätige Wesen      
           
     

[ Seite 366 ] [ Seite 368 ] [ Inhaltsverzeichnis ]