Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 366

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 umstürzen müßte, wenn man der Realität der Erscheinungen hartnäckig      
  02 anhängen wollte. Daher auch diejenigen, welche hierin der gemeinen      
  03 Meinung folgen, niemals dahin haben gelangen können, Natur und      
  04 Freiheit mit einander zu vereinigen.      
           
  05
Möglichkeit der Causalität durch Freiheit
     
  06
in Vereinigung mit dem allgemeinen Gesetze der
     
  07
Naturnothwendigkeit.
     
           
           
  08 Ich nenne dasjenige an einem Gegenstande der Sinne, was selbst      
  09 nicht Erscheinung ist, intelligibel. Wenn demnach dasjenige, was in      
  10 der Sinnenwelt als Erscheinung angesehen werden muß, an sich selbst auch      
  11 ein Vermögen hat, welches kein Gegenstand der sinnlichen Anschauung ist,      
  12 wodurch es aber doch die Ursache von Erscheinungen sein kann: so kann      
  13 man die Causalität dieses Wesens auf zwei Seiten betrachten, als intelligibel      
  14 nach ihrer Handlung als eines Dinges an sich selbst, und als      
  15 sensibel nach den Wirkungen derselben als einer Erscheinung in der      
  16 Sinnenwelt. Wir würden uns demnach von dem Vermögen eines solchen      
  17 Subjects einen empirischen, imgleichen auch einen intellectuellen Begriff      
  18 seiner Causalität machen, welche bei einer und derselben Wirkung zusammen      
  19 stattfinden. Eine solche doppelte Seite, das Vermögen eines Gegenstandes      
  20 der Sinne sich zu denken, widerspricht keinem von den Begriffen,      
  21 die wir uns von Erscheinungen und von einer möglichen Erfahrung zu      
  22 machen haben. Denn da diesen, weil sie an sich keine Dinge sind, ein      
  23 transscendentaler Gegenstand zum Grunde liegen muß, der sie als bloße      
  24 Vorstellungen bestimmt, so hindert nichts, daß wir diesem transscendentalen      
  25 Gegenstande außer der Eigenschaft, dadurch er erscheint, nicht auch      
  26 eine Causalität beilegen sollten, die nicht Erscheinung ist, obgleich ihre      
  27 Wirkung dennoch in der Erscheinung angetroffen wird. Es muß aber      
  28 eine jede wirkende Ursache einen Charakter haben, d. i. ein Gesetz ihrer      
  29 Causalität, ohne welches sie gar nicht Ursache sein würde. Und da würden      
  30 wir an einem Subjecte der Sinnenwelt erstlich einen empirischen Charakter      
  31 haben, wodurch seine Handlungen als Erscheinungen durch und      
  32 durch mit anderen Erscheinungen nach beständigen Naturgesetzen im Zusammenhange      
  33 ständen und von ihnen als ihren Bedingungen abgeleitet      
  34 werden könnten und also mit diesen in Verbindung Glieder einer einzigen      
  35 Reihe der Naturordnung ausmachten. Zweitens würde man ihm noch      
           
     

[ Seite 365 ] [ Seite 367 ] [ Inhaltsverzeichnis ]