Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 355 |
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01 | kann.*) Nun habe ich das Weltganze jederzeit nur im Begriffe, keinesweges | ||||||
02 | aber (als Ganzes) in der Anschauung. Also kann ich nicht von | ||||||
03 | seiner Größe auf die Größe des Regressus schließen und diese jener gemäß | ||||||
04 | bestimmen, sondern ich muß mir allererst einen Begriff von der Weltgröße | ||||||
05 | durch die Größe des empirischen Regressus machen. Von diesem | ||||||
06 | aber weiß ich niemals etwas mehr, als daß ich von jedem gegebenen | ||||||
07 | Gliede der Reihe von Bedingungen immer noch zu einem höheren (entfernteren) | ||||||
08 | Gliede empirisch fortgehen müsse. Also ist dadurch die Größe | ||||||
09 | des Ganzen der Erscheinungen gar nicht schlechthin bestimmt, mithin kann | ||||||
10 | man auch nicht sagen, daß dieser Regressus ins Unendliche gehe, weil | ||||||
11 | dieses die Glieder, dahin der Regressus noch nicht gelangt ist, anticipiren | ||||||
12 | und ihre Menge so groß vorstellen würde, daß keine empirische Synthesis | ||||||
13 | dazu gelangen kann, folglich die Weltgröße vor dem Regressus (wenn | ||||||
14 | gleich nur negativ) bestimmen würde, welches unmöglich ist. Denn diese | ||||||
15 | ist mir durch keine Anschauung (ihrer Totalität nach), mithin auch ihre | ||||||
16 | Größe vor dem Regressus gar nicht gegeben. Demnach können wir von | ||||||
17 | der Weltgröße an sich gar nichts sagen, auch nicht einmal, daß in ihr ein | ||||||
18 | regressus in infinitum stattfinde, sondern müssen nur nach der Regel, die | ||||||
19 | den empirischen Regressus in ihr bestimmt, den Begriff von ihrer Größe | ||||||
20 | suchen. Diese Regel aber sagt nichts mehr, als daß, so weit wir auch in | ||||||
21 | der Reihe der empirischen Bedingungen gekommen sein mögen, wir nirgend | ||||||
22 | eine absolute Gränze annehmen sollen, sondern jede Erscheinung als | ||||||
23 | bedingt einer andern als ihrer Bedingung unterordnen, zu dieser also | ||||||
24 | ferner fortschreiten müssen, welches der regressus in indefinitum ist, der, | ||||||
25 | weil er keine Größe im Object bestimmt, von dem in infinitum deutlich | ||||||
26 | genug zu unterscheiden ist. | ||||||
27 | Ich kann demnach nicht sagen: die Welt ist der vergangenen Zeit, | ||||||
28 | oder dem Raume nach unendlich. Denn dergleichen Begriff von Größe | ||||||
29 | als einer gegebenen Unendlichkeit ist empirisch, mithin auch in Ansehung | ||||||
30 | der Welt als eines Gegenstandes der Sinne schlechterdings unmöglich. | ||||||
31 | Ich werde auch nicht sagen: der Regressus von einer gegebenen Wahrnehmung | ||||||
*) Diese Weltreihe kann also auch weder größer, noch kleiner sein, als der mögliche empirische Regressus, auf dem allein ihr Begriff beruht. Und da dieser kein bestimmtes Unendliches, eben so wenig aber auch ein bestimmt Endliches (schlechthin Begränztes) geben kann: so ist daraus klar, daß wir die Weltgröße weder als endlich, noch unendlich annehmen können, weil der Regressus (dadurch jene vorgestellt wird) keines von beiden zuläßt. | |||||||
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