Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 280 |
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01 | In dieser letzteren müßte denn nun das denkende Selbst die | ||||||
02 | Bedingungen des Gebrauchs seiner logischen Functionen zu Kategorien | ||||||
03 | der Substanz, der Ursache etc. suchen, um sich als Object an sich selbst nicht | ||||||
04 | bloß durch das Ich zu bezeichnen, sondern auch die Art seines Daseins zu | ||||||
05 | bestimmen, d. i. sich als Noumenon zu erkennen; welches aber unmöglich | ||||||
06 | ist, indem die innere empirische Anschauung sinnlich ist und nichts als | ||||||
07 | Data der Erscheinung an die Hand giebt, die dem Objecte des reinen | ||||||
08 | Bewußtseins zur Kenntniß seiner abgesonderten Existenz nichts liefern, | ||||||
09 | sondern bloß der Erfahrung zum Behufe dienen kann. | ||||||
10 | Gesetzt aber, es fände sich in der Folge nicht in der Erfahrung, sondern | ||||||
11 | in gewissen (nicht bloß logischen Regeln, sondern) a priori feststehenden, | ||||||
12 | unsere Existenz betreffenden Gesetzen des reinen Vernunftgebrauchs | ||||||
13 | Veranlassung, uns völlig a priori in Ansehung unseres eigenen Daseins | ||||||
14 | als gesetzgebend und diese Existenz auch selbst bestimmend vorauszusetzen: | ||||||
15 | so würde sich dadurch eine Spontaneität entdecken, wodurch unsere | ||||||
16 | Wirklichkeit bestimmbar wäre, ohne dazu der Bedingungen der empirischen | ||||||
17 | Anschauung zu bedürfen; und hier würden wir inne werden, daß im Bewußtsein | ||||||
18 | unseres Daseins a priori etwas enthalten sei, was unsere nur | ||||||
19 | sinnlich durchgängig bestimmbare Existenz doch in Ansehung eines gewissen | ||||||
20 | inneren Vermögens in Beziehung auf eine intelligibele (freilich nur | ||||||
21 | gedachte) Welt zu bestimmen dienen kann. | ||||||
22 | Aber dieses würde nichts desto weniger alle Versuche in der rationalen | ||||||
23 | Psychologie nicht im mindesten weiter bringen. Denn ich würde durch jenes | ||||||
24 | bewundernswürdige Vermögen, welches mir das Bewußtsein des moralischen | ||||||
25 | Gesetzes allererst offenbart, zwar ein Princip der Bestimmung | ||||||
26 | meiner Existenz, welches rein intellectuell ist, haben, aber durch welche | ||||||
27 | Prädicate? Durch keine andere, als die mir in der sinnlichen Anschauung | ||||||
28 | gegeben werden müssen; und so würde ich da wiederum hingerathen, wo | ||||||
29 | ich in der rationalen Psychologie war, nämlich in das Bedürfniß sinnlicher | ||||||
30 | Anschauungen, um meinen Verstandesbegriffen, Substanz, Ursache | ||||||
31 | u. s. w., wodurch ich allein Erkenntniß von mir haben kann, Bedeutung zu | ||||||
32 | verschaffen; jene Anschauungen können mich aber über das Feld der Erfahrung | ||||||
33 | niemals hinaus helfen. Indessen würde ich doch diese Begriffe in | ||||||
34 | Ansehung des praktischen Gebrauchs, welcher doch immer auf Gegenstände | ||||||
35 | der Erfahrung gerichtet ist, der im theoretischen Gebrauche analogischen | ||||||
36 | Bedeutung gemäß auf die Freiheit und das Subject derselben anzuwenden | ||||||
37 | befugt sein, indem ich bloß die logischen Functionen des Subjects | ||||||
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