Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 207 |
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01 | Verstande schöpfen wollte. Denn das Blendwerk, die logische Möglichkeit | ||||||
02 | des Begriffs (da er sich selbst nicht widerspricht) der transscendentalen | ||||||
03 | Möglichkeit der Dinge (da dem Begriff ein Gegenstand correspondirt) zu | ||||||
04 | unterschieben, kann nur Unversuchte hintergehen und zufrieden stellen.*) | ||||||
05 | Hieraus fließt nun unwidersprechlich: daß die reinen Verstandesbegriffe | ||||||
06 | niemals von transscendentalem, sondern jederzeit nur von | ||||||
07 | empirischem Gebrauche sein können, und daß die Grundsätze des reinen | ||||||
08 | Verstandes nur in Beziehung auf die allgemeinen Bedingungen einer | ||||||
09 | möglichen Erfahrung auf Gegenstände der Sinne, niemals aber auf Dinge | ||||||
10 | überhaupt (ohne Rücksicht auf die Art zu nehmen, wie wir sie anschauen | ||||||
11 | mögen) bezogen werden können. | ||||||
12 | Die transscendentale Analytik hat demnach dieses wichtige Resultat: | ||||||
13 | daß der Verstand a priori niemals mehr leisten könne, als die Form einer | ||||||
14 | möglichen Erfahrung überhaupt zu anticipiren, und da dasjenige, was | ||||||
15 | nicht Erscheinung ist, kein Gegenstand der Erfahrung sein kann, daß er | ||||||
16 | die Schranken der Sinnlichkeit, innerhalb denen uns allein Gegenstände | ||||||
17 | gegeben werden, niemals überschreiten könne. Seine Grundsätze sind bloß | ||||||
18 | Principien der Exposition der Erscheinungen, und der stolze Name einer | ||||||
19 | Ontologie, welche sich anmaßt, von Dingen überhaupt synthetische Erkenntnisse | ||||||
20 | a priori in einer systematischen Doctrin zu geben (z. E. den | ||||||
21 | Grundsatz der Causalität), muß dem bescheidenen einer bloßen Analytik | ||||||
22 | des reinen Verstandes Platz machen. | ||||||
23 | Das Denken ist die Handlung, gegebene Anschauung auf einen Gegenstand | ||||||
24 | zu beziehen. Ist die Art dieser Anschauung auf keinerlei Weise | ||||||
25 | gegeben, so ist der Gegenstand bloß transscendental, und der Verstandesbegriff | ||||||
26 | hat keinen andern als transscendentalen Gebrauch, nämlich die | ||||||
27 | Einheit des Denkens eines Mannigfaltigen überhaupt. Durch eine reine | ||||||
28 | Kategorie nun, in welcher von aller Bedingung der sinnlichen Anschauung | ||||||
*) Mit einem Worte, alle diese Begriffe lassen sich durch nichts belegen und dadurch ihre reale Möglichkeit darthun, wenn alle sinnliche Anschauung (die einzige, die wir haben) weggenommen wird, und es bleibt dann nur noch die logische Möglichkeit übrig, d. i. daß der Begriff (Gedanke) möglich sei, wovon aber nicht die Rede ist, sondern ob er sich auf ein Object beziehe und also irgend was bedeute. | |||||||
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