Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 194 |
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| 01 | demjenigen, was wahrgenommen wird, nach allgemeinen Gesetzen der Erfahrung | ||||||
| 02 | erkannt werden. Da ist nun kein Dasein, was unter der Bedingung | ||||||
| 03 | anderer gegebener Erscheinungen als nothwendig erkannt werden | ||||||
| 04 | könnte, als das Dasein der Wirkungen aus gegebenen Ursachen nach Gesetzen | ||||||
| 05 | der Causalität. Also ist es nicht das Dasein der Dinge (Substanzen), | ||||||
| 06 | sondern ihres Zustandes, wovon wir allein die Nothwendigkeit erkennen | ||||||
| 07 | können und zwar aus anderen Zuständen, die in der Wahrnehmung gegeben | ||||||
| 08 | sind, nach empirischen Gesetzen der Causalität. Hieraus folgt, daß | ||||||
| 09 | das Kriterium der Nothwendigkeit lediglich in dem Gesetze der möglichen | ||||||
| 10 | Erfahrung liege: daß alles, was geschieht, durch seine Ursache in der Erscheinung | ||||||
| 11 | a priori bestimmt sei. Daher erkennen wir nur die Nothwendigkeit | ||||||
| 12 | der Wirkungen in der Natur, deren Ursachen uns gegeben sind; und | ||||||
| 13 | das Merkmal der Nothwendigkeit im Dasein reicht nicht weiter als das | ||||||
| 14 | Feld möglicher Erfahrung, und selbst in diesem gilt es nicht von der | ||||||
| 15 | Existenz der Dinge als Substanzen, weil diese niemals als empirische | ||||||
| 16 | Wirkungen oder etwas, das geschieht und entsteht, können angesehen werden. | ||||||
| 17 | Die Nothwendigkeit betrifft also nur die Verhältnisse der Erscheinungen | ||||||
| 18 | nach dem dynamischen Gesetze der Causalität und die darauf sich gründende | ||||||
| 19 | Möglichkeit, aus irgend einem gegebenen Dasein (einer Ursache) | ||||||
| 20 | a priori auf ein anderes Dasein (der Wirkung) zu schließen. Alles, was | ||||||
| 21 | geschieht, ist hypothetisch nothwendig; das ist ein Grundsatz, welcher die | ||||||
| 22 | Veränderung in der Welt einem Gesetze unterwirft, d. i. einer Regel des | ||||||
| 23 | nothwendigen Daseins, ohne welche gar nicht einmal Natur stattfinden | ||||||
| 24 | würde. Daher ist der Satz: nichts geschieht durch ein blindes Ungefähr | ||||||
| 25 | ( in mundo non datur casus ), ein Naturgesetz a priori; imgleichen: keine | ||||||
| 26 | Nothwendigkeit in der Natur ist blinde, sondern bedingte, mithin verständliche | ||||||
| 27 | Nothwendigkeit ( non datur fatum ). Beide sind solche Gesetze, | ||||||
| 28 | durch welche das Spiel der Veränderungen einer Natur der Dinge (als | ||||||
| 29 | Erscheinungen) unterworfen wird oder, welches einerlei ist, der Einheit des | ||||||
| 30 | Verstandes, in welchem sie allein zu einer Erfahrung als der synthetischen | ||||||
| 31 | Einheit der Erscheinungen gehören können. Diese beide Grundsätze gehören | ||||||
| 32 | zu den dynamischen. Der erstere ist eigentlich eine Folge des | ||||||
| 33 | Grundsatzes von der Causalität (unter den Analogien der Erfahrung). | ||||||
| 34 | Der zweite gehört zu den Grundsätzen der Modalität, welche zu der Causalbestimmung | ||||||
| 35 | noch den Begriff der Nothwendigkeit, die aber unter einer | ||||||
| 36 | Regel des Verstandes steht, hinzu thut. Das Princip der Continuität | ||||||
| 37 | verbot in der Reihe der Erscheinungen (Veränderungen) allen Absprung | ||||||
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