Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 193 |
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| 01 | dem Begriffe einer Substanz als Anschauung unterlegen könnten, als bloß | ||||||
| 02 | die Materie, und selbst diese Beharrlichkeit wird nicht aus äußerer Erfahrung | ||||||
| 03 | geschöpft, sondern a priori als nothwendige Bedingung aller Zeitbestimmung, | ||||||
| 04 | mithin auch als Bestimmung des inneren Sinnes in Ansehung | ||||||
| 05 | unseres eigenen Daseins durch die Existenz äußerer Dinge vorausgesetzt. | ||||||
| 06 | Das Bewußtsein meiner selbst in der Vorstellung Ich ist gar | ||||||
| 07 | keine Anschauung, sondern eine bloß intellectuelle Vorstellung der | ||||||
| 08 | Selbstthätigkeit eines denkenden Subjects. Daher hat dieses Ich auch | ||||||
| 09 | nicht das mindeste Prädicat der Anschauung, welches als beharrlich | ||||||
| 10 | der Zeitbestimmung im inneren Sinne zum Correlat dienen könnte; wie | ||||||
| 11 | etwa Undurchdringlichkeit an der Materie als empirischer Anschauung | ||||||
| 12 | ist. | ||||||
| 13 | Anmerkung 3. Daraus, daß die Existenz äußerer Gegenstände zur | ||||||
| 14 | Möglichkeit eines bestimmten Bewußtseins unserer selbst erfordert wird, | ||||||
| 15 | folgt nicht, daß jede anschauliche Vorstellung äußerer Dinge zugleich die | ||||||
| 16 | Existenz derselben einschließe, denn jene kann gar wohl die bloße Wirkung | ||||||
| 17 | der Einbildungskraft (in Träumen sowohl als im Wahnsinn) sein; sie ist | ||||||
| 18 | es aber bloß durch die Reproduction ehemaliger äußerer Wahrnehmungen, | ||||||
| 19 | welche, wie gezeigt worden, nur durch die Wirklichkeit äußerer Gegenstände | ||||||
| 20 | möglich sind. Es hat hier nur bewiesen werden sollen, daß innere | ||||||
| 21 | Erfahrung überhaupt nur durch äußere Erfahrung überhaupt möglich sei. | ||||||
| 22 | Ob diese oder jene vermeinte Erfahrung nicht bloße Einbildung sei, mu | ||||||
| 23 | nach den besondern Bestimmungen derselben und durch Zusammenhaltung | ||||||
| 24 | mit den Kriterien aller wirklichen Erfahrung ausgemittelt werden. | ||||||
| 25 | Was endlich das dritte Postulat betrifft, so geht es auf die materiale | ||||||
| 26 | Nothwendigkeit im Dasein und nicht die bloß formale und logische in Verknüpfung | ||||||
| 27 | der Begriffe. Da nun keine Existenz der Gegenstände der Sinne | ||||||
| 28 | völlig a priori erkannt werden kann, aber doch comparative a priori, relativisch | ||||||
| 29 | auf ein anderes, schon gegebenes Dasein, man gleichwohl aber auch | ||||||
| 30 | alsdann nur auf diejenige Existenz kommen kann, die irgendwo in dem | ||||||
| 31 | Zusammenhange der Erfahrung, davon die gegebene Wahrnehmung ein | ||||||
| 32 | Theil ist, enthalten sein muß: so kann die Nothwendigkeit der Existenz | ||||||
| 33 | niemals aus Begriffen, sondern jederzeit nur aus der Verknüpfung mit | ||||||
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