Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 168

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Ursache und Wirkung, wovon die erstere die letztere in der Zeit als      
  02 die Folge und nicht als etwas, was bloß in der Einbildung vorhergehen      
  03 (oder gar überall nicht wahrgenommen sein) könnte, bestimmt. Also ist      
  04 nur dadurch, daß wir die Folge der Erscheinungen, mithin alle Veränderung      
  05 dem Gesetze der Causalität unterwerfen, selbst Erfahrung, d. i. empirisches      
  06 Erkenntniß von denselben, möglich; mithin sind sie selbst als      
  07 Gegenstände der Erfahrung nur nach eben dem Gesetze möglich.      
           
  08 Die Apprehension des Mannigfaltigen der Erscheinung ist jederzeit      
  09 successiv. Die Vorstellungen der Theile folgen auf einander. Ob sie sich      
  10 auch im Gegenstande folgen, ist ein zweiter Punkt der Reflexion, der in      
  11 dem ersteren nicht enthalten ist. Nun kann man zwar alles und sogar      
  12 jede Vorstellung, so fern man sich ihrer bewußt ist, Object nennen; allein      
  13 was dieses Wort bei Erscheinungen zu bedeuten habe, nicht in so fern sie      
  14 (als Vorstellungen) Objecte sind, sondern nur ein Object bezeichnen, ist      
  15 von tieferer Untersuchung. So fern sie, nur als Vorstellungen, zugleich      
  16 Gegenstände des Bewußtseins sind, so sind sie von der Apprehension, d. i.      
  17 der Aufnahme in die Synthesis der Einbildungskraft, gar nicht unterschieden,      
  18 und man muß also sagen: das Mannigfaltige der Erscheinungen      
  19 wird im Gemüth jederzeit successiv erzeugt. Wären Erscheinungen Dinge      
  20 an sich selbst, so würde kein Mensch aus der Succession der Vorstellungen      
  21 von ihrem Mannigfaltigen ermessen können, wie dieses in dem Object      
  22 verbunden sei. Denn wir haben es doch nur mit unsern Vorstellungen zu      
  23 thun; wie Dinge an sich selbst (ohne Rücksicht auf Vorstellungen, dadurch      
  24 sie uns afficiren) sein mögen, ist gänzlich außer unsrer Erkenntnißsphäre.      
  25 Ob nun gleich die Erscheinungen nicht Dinge an sich selbst und gleichwohl      
  26 doch das einzige sind, was uns zur Erkenntniß gegeben werden kann, so      
  27 soll ich anzeigen, was dem Mannigfaltigen an den Erscheinungen selbst      
  28 für eine Verbindung in der Zeit zukomme, indessen daß die Vorstellung      
  29 desselben in der Apprehension jederzeit successiv ist. So ist z. E. die Apprehension      
  30 des Mannigfaltigen in der Erscheinung eines Hauses, das vor      
  31 mir steht, successiv. Nun ist die Frage, ob das Mannigfaltige dieses Hauses      
  32 selbst auch in sich successiv sei, welches freilich niemand zugeben wird.      
  33 Nun ist aber, so bald ich meine Begriffe von einem Gegenstande bis zur      
  34 transscendentalen Bedeutung steigere, das Haus gar kein Ding an sich      
  35 selbst, sondern nur eine Erscheinung, d. i. Vorstellung, deren transscendentaler      
           
     

[ Seite 167 ] [ Seite 169 ] [ Inhaltsverzeichnis ]