Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 154

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 nicht successiv, sondern augenblicklich ist. Dieses berühre ich aber      
  02 hier nur beiläufig, denn mit der Causalität habe ich für jetzt noch nicht      
  03 zu thun.      
           
  04 So hat demnach jede Empfindung, mithin auch jede Realität in der      
  05 Erscheinung, so klein sie auch sein mag, einen Grad, d. i. eine intensive      
  06 Größe, die noch immer vermindert werden kann, und zwischen Realität      
  07 und Negation ist ein continuirlicher Zusammenhang möglicher Realitäten      
  08 und möglicher kleinerer Wahrnehmungen. Eine jede Farbe, z. E. die rothe,      
  09 hat einen Grad, der, so klein er auch sein mag, niemals der kleinste ist,      
  10 und so ist es mit der Wärme, dem Moment der Schwere etc. überall bewandt.      
           
  12 Die Eigenschaft der Größen, nach welcher an ihnen kein Theil der      
  13 kleinstmögliche (kein Theil einfach) ist, heißt die Continuität derselben.      
  14 Raum und Zeit sind quanta continua , weil kein Theil derselben gegeben      
  15 werden kann, ohne ihn zwischen Grenzen (Punkten und Augenblicken) einzuschließen,      
  16 mithin nur so, daß dieser Theil selbst wiederum ein Raum      
  17 oder eine Zeit ist. Der Raum besteht also nur aus Räumen, die Zeit aus      
  18 Zeiten. Punkte und Augenblicke sind nur Grenzen, d. i. bloße Stellen      
  19 ihrer Einschränkung; Stellen aber setzen jederzeit jene Anschauungen, die      
  20 sie beschränken oder bestimmen sollen, voraus, und aus bloßen Stellen als      
  21 aus Bestandtheilen, die noch vor dem Raume oder der Zeit gegeben werden      
  22 könnten, kann weder Raum noch Zeit zusammengesetzt werden. Dergleichen      
  23 Größen kann man auch fließende nennen, weil die Synthesis      
  24 (der productiven Einbildungskraft) in ihrer Erzeugung ein Fortgang in      
  25 der Zeit ist, deren Continuität man besonders durch den Ausdruck des      
  26 Fließens (Verfließens) zu bezeichnen pflegt.      
           
  27 Alle Erscheinungen überhaupt sind demnach continuirliche Größen      
  28 sowohl ihrer Anschauung nach als extensive, oder der bloßen Wahrnehmung      
  29 (Empfindung und mithin Realität) nach als intensive Größen.      
  30 Wenn die Synthesis des Mannigfaltigen der Erscheinung unterbrochen      
  31 ist, so ist dieses ein Aggregat von vielen Erscheinungen (und nicht eigentlich      
  32 Erscheinung als ein Quantum), welches nicht durch die bloße Fortsetzung      
  33 der productiven Synthesis einer gewissen Art, sondern durch Wiederholung      
  34 einer immer aufhörenden Synthesis erzeugt wird. Wenn ich      
  35 13 Thaler ein Geldquantum nenne, so benenne ich es so fern richtig, als      
  36 ich darunter den Gehalt von einer Mark fein Silber verstehe, welche aber      
  37 allerdings eine continuirliche Größe ist, in welcher kein Theil der kleinste      
           
     

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