Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 153 |
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01 | Dagegen würden wir die reinen Bestimmungen im Raume und der Zeit | ||||||
02 | sowohl in Ansehung der Gestalt als Größe Anticipationen der Erscheinungen | ||||||
03 | nennen können, weil sie dasjenige a priori vorstellen, was immer | ||||||
04 | a posteriori in der Erfahrung gegeben werden mag. Gesetzt aber, es finde | ||||||
05 | sich doch etwas, was sich an jeder Empfindung als Empfindung überhaupt | ||||||
06 | (ohne daß eine besondere gegeben sein mag) a priori erkennen läßt: | ||||||
07 | so würde dieses im ausnehmenden Verstande Anticipation genannt zu | ||||||
08 | werden verdienen, weil es befremdlich scheint, der Erfahrung in demjenigen | ||||||
09 | vorzugreifen, was gerade die Materie derselben angeht, die man nur | ||||||
10 | aus ihr schöpfen kann. Und so verhält es sich hier wirklich. | ||||||
11 | Die Apprehension bloß vermittelst der Empfindung erfüllt nur einen | ||||||
12 | Augenblick (wenn ich nämlich nicht die Succession vieler Empfindungen | ||||||
13 | in Betracht ziehe). Als etwas in der Erscheinung, dessen Apprehension | ||||||
14 | keine successive Synthesis ist, die von Theilen zur ganzen Vorstellung fortgeht, | ||||||
15 | hat sie also keine extensive Größe: der Mangel der Empfindung in | ||||||
16 | demselben Augenblicke würde diesen als leer vorstellen, mithin = 0. Was | ||||||
17 | nun in der empirischen Anschauung der Empfindung correspondirt, ist | ||||||
18 | Realität ( realitas phaenomenon ), was dem Mangel derselben entspricht, | ||||||
19 | Negation = 0. Nun ist aber jede Empfindung einer Verringerung fähig, | ||||||
20 | so daß sie abnehmen und so allmählig verschwinden kann. Daher ist | ||||||
21 | zwischen Realität in der Erscheinung und Negation ein continuirlicher | ||||||
22 | Zusammenhang vieler möglichen Zwischenempfindungen, deren Unterschied | ||||||
23 | von einander immer kleiner ist, als der Unterschied zwischen der gegebenen | ||||||
24 | und dem Zero oder der gänzlichen Negation. Das ist: das Reale | ||||||
25 | in der Erscheinung hat jederzeit eine Größe, welche aber nicht in der | ||||||
26 | Apprehension angetroffen wird, indem diese vermittelst der bloßen Empfindung | ||||||
27 | in einem Augenblicke und nicht durch successive Synthesis vieler | ||||||
28 | Empfindungen geschieht und also nicht von den Theilen zum Ganzen geht; | ||||||
29 | es hat also zwar eine Größe, aber keine extensive. | ||||||
30 | Nun nenne ich diejenige Größe, die nur als Einheit apprehendirt | ||||||
31 | wird, und in welcher die Vielheit nur durch Annäherung zur Negation = 0 | ||||||
32 | vorgestellt werden kann, die intensive Größe. Also hat jede Realität in | ||||||
33 | der Erscheinung intensive Größe, d. i. einen Grad. Wenn man diese Realität | ||||||
34 | als Ursache (es sei der Empfindung, oder anderer Realität in der | ||||||
35 | Erscheinung, z. B. einer Veränderung) betrachtet: so nennt man den Grad | ||||||
36 | der Realität als Ursache ein Moment, z. B. das Moment der Schwere, | ||||||
37 | und zwar darum, weil der Grad nur die Größe bezeichnet, deren Apprehension | ||||||
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