Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 152

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
Beweis.
     
           
  02 Wahrnehmung ist das empirische Bewußtsein, d. i. ein solches, in      
  03 welchem zugleich Empfindung ist. Erscheinungen, als Gegenstände der      
  04 Wahrnehmung, sind nicht reine (bloß formale) Anschauungen, wie Raum      
  05 und Zeit (denn die können an sich gar nicht wahrgenommen werden). Sie      
  06 enthalten also über die Anschauung noch die Materien zu irgend einem      
  07 Objecte überhaupt (wodurch etwas Existirendes im Raume oder der Zeit      
  08 vorgestellt wird), d. i. das Reale der Empfindung als bloß subjective Vorstellung,      
  09 von der man sich nur bewußt werden kann, daß das Subject      
  10 afficirt sei, und die man auf ein Object überhaupt bezieht, in sich. Nun      
  11 ist vom empirischen Bewußtsein zum reinen eine stufenartige Veränderung      
  12 möglich, da das Reale desselben ganz verschwindet, und ein bloß formales      
  13 Bewußtsein (a priori) des Mannigfaltigen im Raum und Zeit übrig      
  14 bleibt: also auch eine Synthesis der Größenerzeugung einer Empfindung      
  15 von ihrem Anfange, der reinen Anschauung = 0, an bis zu einer beliebigen      
  16 Größe derselben. Da nun Empfindung an sich gar keine objective      
  17 Vorstellung ist, und in ihr weder die Anschauung vom Raum, noch von      
  18 der Zeit angetroffen wird, so wird ihr zwar keine extensive, aber doch eine      
  19 Größe (und zwar durch die Apprehension derselben, in welcher das empirische      
  20 Bewußtsein in einer gewissen Zeit von nichts = 0 bis zu ihrem      
  21 gegebenen Maße erwachsen kann), also eine intensive Größe zukommen,      
  22 welcher correspondirend allen Objecten der Wahrnehmung, so fern diese      
  23 Empfindung enthält, intensive Größe, d. i. ein Grad des Einflusses      
  24 auf den Sinn, beigelegt werden muß.      
           
  25 Man kann alle Erkenntniß, wodurch ich dasjenige, was zur empirischen      
  26 Erkenntniß gehört, a priori erkennen und bestimmen kann, eine      
  27 Anticipation nennen, und ohne Zweifel ist das die Bedeutung, in welcher      
  28 Epikur seinen Ausdruck προληψισ brauchte. Da aber an den Erscheinungen      
  29 etwas ist, was niemals a priori erkannt wird, und welches daher auch den      
  30 eigentlichen Unterschied des Empirischen von dem Erkenntniß a priori ausmacht,      
  31 nämlich die Empfindung (als Materie der Wahrnehmung), so      
  32 folgt, daß diese es eigentlich sei, was gar nicht anticipirt werden kann.      
           
     

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