Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 070

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 gegeben werden, dieser auch nur das Verhältniß      
  02 eines Gegenstandes auf das Subject in seiner Vorstellung enthalten      
  03 könne und nicht das Innere, was dem Objecte an sich zukommt. Mit der      
  04 inneren Anschauung ist es eben so bewandt. Nicht allein, daß darin die      
  05 Vorstellungen äußerer Sinne den eigentlichen Stoff ausmachen, womit      
  06 wir unser Gemüth besetzen, sondern die Zeit, in die wir diese Vorstellungen      
  07 setzen, die selbst dem Bewußtsein derselben in der Erfahrung vorhergeht      
  08 und als formale Bedingung der Art, wie wir sie im Gemüthe setzen,      
  09 zum Grunde liegt, enthält schon Verhältnisse des Nacheinander=, des Zugleichseins      
  10 und dessen, was mit dem Nacheinandersein zugleich ist (des      
  11 Beharrlichen). Nun ist das, was als Vorstellung vor aller Handlung      
  12 irgend etwas zu denken vorhergehen kann, die Anschauung und, wenn sie      
  13 nichts als Verhältnisse enthält, die Form der Anschauung, welche, da sie      
  14 nichts vorstellt, außer so fern etwas im Gemüthe gesetzt wird, nichts anders      
  15 sein kann als die Art, wie das Gemüth durch eigene Thätigkeit, nämlich      
  16 dieses Setzen seiner Vorstellung, mithin durch sich selbst afficirt wird, d.      
  17 i. ein innerer Sinn seiner Form nach. Alles, was durch einen Sinn vorgestellt      
  18 wird, ist sofern jederzeit Erscheinung, und ein innerer Sinn würde      
  19 also entweder gar nicht eingeräumt werden müssen, oder das Subject,      
  20 welches der Gegenstand desselben ist, würde durch denselben nur als Erscheinung      
  21 vorgestellt werden können, nicht wie es von sich selbst urtheilen      
  22 würde, wenn seine Anschauung bloße Selbstthätigkeit, d. i. intellectuell,      
  23 wäre. Hiebei beruht alle Schwierigkeit nur darauf, wie ein Subject sich      
  24 selbst innerlich anschauen könne; allein diese Schwierigkeit ist jeder Theorie      
  25 gemein. Das Bewußtsein seiner selbst (Apperception) ist die einfache      
  26 Vorstellung des Ich, und wenn dadurch allein alles Mannigfaltige im      
  27 Subject selbstthätig gegeben wäre, so würde die innere Anschauung intellectuell      
  28 sein. Im Menschen erfordert dieses Bewußtsein innere Wahrnehmung      
  29 von dem Mannigfaltigen, was im Subjecte vorher gegeben      
  30 wird, und die Art, wie dieses ohne Spontaneität im Gemüthe gegeben      
  31 wird, muß um dieses Unterschiedes Willen Sinnlichkeit heißen. Wenn das      
  32 Vermögen sich bewußt zu werden das, was im Gemüthe liegt, aufsuchen      
  33 (apprehendiren) soll, so muß es dasselbe afficiren und kann allein auf      
  34 solche Art eine Anschauung seiner selbst hervorbringen, deren Form aber,      
  35 die vorher im Gemüthe zum Grunde liegt, die Art, wie das Mannigfaltige      
  36 im Gemüthe beisammen ist, in der Vorstellung der Zeit bestimmt;      
  37 da es denn sich selbst anschauet, nicht wie es sich unmittelbar selbstthätig      
           
     

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