Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 069

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Bedingung der Form nach nicht zugleich die allgemeine Bedingung      
  02 a priori, unter der allein das Object dieser (äußeren) Anschauung selbst      
  03 möglich ist; wäre der Gegenstand (der Triangel) etwas an sich selbst ohne      
  04 Beziehung auf euer Subject: wie könntet ihr sagen, daß, was in euren      
  05 subjectiven Bedingungen einen Triangel zu construiren nothwendig liegt,      
  06 auch dem Triangel an sich selbst nothwendig zukommen müsse? Denn ihr      
  07 könntet doch zu euren Begriffen (von drei Linien) nichts neues (die Figur)      
  08 hinzufügen, welches darum nothwendig an dem Gegenstande angetroffen      
  09 werden müßte, da dieser vor eurer Erkenntniß und nicht durch dieselbe      
  10 gegeben ist. Wäre also nicht der Raum (und so auch die Zeit) eine bloße      
  11 Form eurer Anschauung, welche Bedingungen a priori enthält, unter      
  12 denen allein Dinge für euch äußere Gegenstände sein können, die ohne      
  13 diese subjective Bedingungen an sich nichts sind: so könntet ihr a priori      
  14 ganz und gar nichts über äußere Objecte synthetisch ausmachen. Es ist      
  15 also ungezweifelt gewiß und nicht bloß möglich oder auch wahrscheinlich,      
  16 daß Raum und Zeit, als die nothwendigen Bedingungen aller (äußern      
  17 und innern) Erfahrung, bloß subjective Bedingungen aller unsrer Anschauung      
  18 sind, im Verhältniß auf welche daher alle Gegenstände bloße      
  19 Erscheinungen und nicht für sich in dieser Art gegebene Dinge sind, von      
  20 denen sich auch um deswillen, was die Form derselben betrifft, vieles      
  21 a priori sagen läßt, niemals aber das Mindeste von dem Dinge an sich      
  22 selbst, das diesen Erscheinungen zum Grunde liegen mag.      
           
  23 II Zur Bestätigung dieser Theorie von der Idealität des äußeren      
  24 sowohl als inneren Sinnes, mithin aller Objecte der Sinne als bloßer      
  25 Erscheinungen kann vorzüglich die Bemerkung dienen: daß alles, was in      
  26 unserem Erkenntniß zur Anschauung gehört (also Gefühl der Lust und      
  27 Unlust und den Willen, die gar nicht Erkenntnisse sind, ausgenommen)      
  28 nichts als bloße Verhältnisse enthalte, der Örter in einer Anschauung      
  29 (Ausdehnung), Veränderung der Örter (Bewegung) und Gesetze, nach      
  30 denen diese Veränderung bestimmt wird (bewegende Kräfte). Was aber      
  31 in dem Orte gegenwärtig sei, oder was es außer der Ortveränderung in      
  32 den Dingen selbst wirke, wird dadurch nicht gegeben. Nun wird durch      
  33 bloße Verhältnisse doch nicht eine Sache an sich erkannt: also ist wohl zu      
  34 urtheilen, daß, da uns durch den äußeren Sinn nichts als bloße Verhältnißvorstellungen      
           
     

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