Kant: AA I, Allgemeine Naturgeschichte und ... , Seite 298

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Wir haben aus der Erzeugung des saturnischen Ringes Anla      
  02 genommen, den kühnen Schritt zu wagen, die Zeit der Achsendrehung,      
  03 welche die Ferngläser zu entdecken nicht vermögen, ihm durch Rechnung      
  04 zu bestimmen. Lasset uns diese Probe einer physischen Vorhersagung      
  05 noch mit einer andern an eben diesem Planeten vermehren, welche von      
  06 vollkommeneren Werkzeugen künftiger Zeiten das Zeugniß ihrer Richtigkeit      
  07 zu erwarten hat.      
           
  08 Der Voraussetzung gemäß, daß der Ring des Saturns eine Häufung      
  09 der Theilchen sei, die, nachdem sie von der Oberfläche dieses      
  10 Himmelskörpers als Dünste aufgestiegen, sich vermöge des Schwunges,      
  11 den sie von der Achsendrehung desselben an sich haben und fortsetzen,      
  12 in der Höhe ihres Abstandes frei in Zirkeln laufend erhalten, haben      
  13 dieselbe nicht in allen ihren Entfernungen vom Mittelpunkte gleiche      
  14 periodische Umlaufszeiten; sondern diese verhalten sich vielmehr, wie      
  15 die Quadratwurzeln aus den Würfeln ihres Abstandes, wenn sie sich      
  16 durch die Gesetze der Centralkräfte schwebend erhalten sollen. Nun ist      
  17 die Zeit, darin nach dieser Hypothese die Theilchen des inwendigen      
  18 Randes ihren Umlauf verrichten, ungefähr von 10 Stunden, und die      
  19 Zeit des Zirkellaufs der Partikeln im auswendigen Rande ist nach gehöriger      
  20 Ausrechnung 15 Stunden; also, wenn die niedrigsten Theile      
  21 des Ringes ihren Umlauf 3mal verrichtet haben, haben es die entferntesten      
  22 nur 2mal gethan. Es ist aber wahrscheinlich, man mag      
  23 die Hinderniß, die die Partikeln bei ihrer großen Zerstreuung in der      
  24 Ebene des Ringes einander leisten, so gering schätzen, als man will,      
  25 daß das Nachbleiben der entferntern Theilchen bei jeglichem ihrer      
  26 Umläufe die schneller bewegte niedrige Theile nach und nach verzögert      
  27 und aufhält, dagegen diese den obern einen Theil ihrer Bewegung zu      
  28 einer geschwindern Umwendung eindrücken müssen, welches, wenn diese      
  29 Wechselwirkung nicht endlich unterbrochen würde, so lange dauern      
  30 würde, bis die Theilchen des Ringes alle dahin gebracht wären, sowohl      
  31 die niedrigen, als die weitern, in gleicher Zeit sich herumzuwenden,      
  32 als in welchem Zustande sie in respectiver Ruhe gegen einander sein      
  33 und durch die Wegrückung keine Wirkung in einander thun würden.      
  34 Nun würde aber ein solcher Zustand, wenn die Bewegung des Ringes      
  35 dahin ausschlüge, denselben gänzlich zerstören, weil, wenn man die      
  36 Mitte von der Ebene des Ringes nimmt und setzt, daß daselbst die      
  37 Bewegung in dem Zustande verbleibe, darin sie vorher war und sein      
           
     

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