Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 132 |
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01 | Körper erleidet, indem er die Hinderniß der Schwere überwindet, | ||||||
02 | wie die Summe der nicht zugedrückten Federn L l C, I i L, G g I, | ||||||
03 | E e G, A a E folglich auch die Quantität der Hinderniß selber, die | ||||||
04 | er bezwungen hat, und mithin seine Kraft in dieser Proportion. Und da | ||||||
05 | die nicht zugedrückten Federn das Verhältniß der Zeiten oder Geschwindigkeiten | ||||||
06 | haben, so ist die Kraft des Körpers auch wie diese. W. Z. E. | ||||||
07 | es erhellt ferner hieraus, warum Herr von Mairan befugt sei, | ||||||
08 | durch eine Hypothese anzunehmen, der Körper habe Hindernisse überwunden | ||||||
09 | und doch seine Kraft ganz behalten, welches anfänglich dem | ||||||
10 | ersten Grundgesetze der Bewegungen zu widersprechen scheint. Denn | ||||||
11 | die Hindernisse nehmen ihm freilich einen ihnen gleichen Theil der | ||||||
12 | Kraft; allein es steht dennoch frei, diesen Abgang immer in Gedanken | ||||||
13 | anderswoher zu ersetzen und den Körper dennoch schadlos zu halten, | ||||||
14 | damit man sehe, wie viel er bei auf diese Weise unverminderter Kraft | ||||||
15 | mehr thun würde, als wenn dasjenige wäre verloren geblieben, was | ||||||
16 | die Hinderniß verzehrt hatte. Dieses wird alsdann das ganze Ma | ||||||
17 | derjenigen Kraft an die Hand geben, die der Widerstand wirklich dem | ||||||
18 | Körper benimmt, weil es zu erkennen giebt, was für einen Grad man | ||||||
19 | hinzuthun müsse, damit der Körper nichts verloren habe. | ||||||
20 | Ich kann nicht umhin, hier noch eine Anmerkung über diejenige | ||||||
21 | Art zu machen, womit die Frau Marquisin die Lehrsätze ihres Gegners | ||||||
22 | angreift. Mich dünkt, sie habe keine bessere Methode erwählen können, | ||||||
23 | ihm den allerempfindlichsten Streich beizubringen, als da sie seinen | ||||||
24 | Schlüssen den Zug von etwas Seltsamem und Ungereimtem zu geben | ||||||
25 | beschäftigt ist. Eine ernsthafte Vorstellung lockt den Leser zu der gehörigen | ||||||
26 | Aufmerksamkeit und Untersuchung an und läßt die Seele zu | ||||||
27 | allen Gründen offen, die von einer, oder der andern Seite in sie eindringen | ||||||
28 | können. Aber die wunderliche Figur, unter der sie die Meinungen | ||||||
29 | ihres Gegners auftreten läßt, bemächtigt sich sogleich der | ||||||
30 | schwachen Seite des Lesers und vernichtet in ihm die Lust zu einer | ||||||
31 | näheren Erwägung. Diejenige Kraft der Seele, die die Beurtheilung | ||||||
32 | und das Nachsinnen regiert, ist von einer trägen und ruhigen Natur; | ||||||
33 | sie ist vergnügt den Punkt ihres Ruhestandes anzutreffen und bleibt | ||||||
34 | gerne bei demjenigen stille stehen, was sie von einem mühsamen Nachdenken | ||||||
35 | losspricht; darum läßt sie sich leicht von solchen Vorstellungen | ||||||
36 | gewinnen, die die eine von zwei Meinungen auf einmal unter die Wahrscheinlichkeit | ||||||
37 | heruntersetzt und die Mühe fernerer Untersuchungen für | ||||||
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