Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 133

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 unnöthig erklärt. Unsere Philosophin hätte also ihr ridendo dicere      
  02 verum , oder den Einfall, ihrem Gegner im Lachen die Wahrheit zu      
  03 sagen, mit mehrerer Billigkeit und vielleicht auch mit besserem Erfolg      
  04 gebrauchen können, wenn ihr Gegner ernsthafter Gründe unfähig gewesen      
  05 wäre, und man ihn seine Auslachenswürdigkeit hätte wollen      
  06 empfinden lassen. Die Anmerkung, die ich hier mache, würde gegen      
  07 eine jede andere Person ihres Geschlechtes das Ansehen eines ungesitteten      
  08 Betragens und einer gewissen Aufführung, die man pedantisch nennt,      
  09 an sich haben; allein der Vorzug des Verstandes und der Wissenschaft      
  10 an derjenigen Person, von der ich rede, der sie über alle übrige ihres      
  11 Geschlechtes und auch über einen großen Theil des andern hinweg      
  12 setzt, beraubt sie zugleich desjenigen, was das eigentliche Vorrecht des      
  13 schöneren Theiles der Menschen ist, nämlich der Schmeichelei und der      
  14 Lobsprüche, die dieselbe zum Grunde haben.      
           
  15 Die Wahl des Herrn von Mairans wird noch dadurch vortrefflich:      
  16 daß die Federn, die in seiner Methode das Maß der aufgewandten      
  17 Kraft sind, nicht allein gleich sind, sondern auch in gleichen Zeiten      
  18 würden sein zugedrückt worden; folglich sowohl die Leibnizianer vergnügt      
  19 werden, die auf eine Gleichheit des Raumes dringen, wenn sie      
  20 gestehen sollen, daß die Kraft gleich sei, als auch die Cartesianer, die      
  21 dieses in Ansehung der Zeit erfordern.      
           
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III
     
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Zusätze zu den §§ 45, 46, 47.
     
           
  24 Mich deucht, ich habe nichts Gewisseres und Unwidersprechlicheres      
  25 sagen können, als daß eine Feder einen Körper unmöglich fortstoßen      
  26 kann, wenn sie sich nicht mit eben der Gewalt gegen einen Widerhalt      
  27 steift und eben so stark anstemmt, als sie auf der andern Seite mit      
  28 ihrer Spannungskraft den Körper stößt; und folglich, weil in dem      
  29 Falle des Herrn Bernoulli kein anderer Widerhalt ist, als der      
  30 Körper B, sie eben dieselbe Gewalt der Anstrengung gegen ihn anwenden      
  31 müsse, als sie gegen A anwenden kann; denn die Feder würde den      
  32 Körper A gar nicht fortstoßen, wenn B nicht dieselbe in der Spannung      
  33 erhielte, indem er ihrer Ausstreckung widerstrebt; daher empfängt derselbe,      
  34 weil er kein unbeweglicher Widerhalt ist, alle Kraft gleichfalls,      
  35 die die Feder in A hineinbringt. Ungeachtet die ganze Welt auf      
           
     

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