Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 114 |
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01 | § 104. |
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02 | Herr Papin hatte behauptet: man könne nicht sagen, | Der HauptGrundsatz | |||||
03 | daß ein Körper etwas gethan habe, wenn er gar keine | dieses Argumentes. | |||||
04 | Hindernisse überwältigt, keine Massen verrückt, keine | ||||||
05 | Federn spannt u. s. w. Herr Wolff widerspricht ihm | ||||||
06 | hierin und zwar aus diesem Grunde: Wenn ein Mensch eine Last | ||||||
07 | durch einen gewissen Raum hindurch trägt, so ist jedermann darin | ||||||
08 | einig, daß er etwas gethan und ausgerichtet habe; nun trägt ein | ||||||
09 | Körper seine eigene Masse vermöge der Kraft, die er in wirklicher | ||||||
10 | Bewegung besitzt, durch einen Raum hindurch: eben hiedurch hat seine | ||||||
11 | Kraft etwas gethan und ausgeübt. Herr Wolff verspricht im Anfange | ||||||
12 | seiner Abhandlung sich dieses Grundes zu begeben und unabhängig | ||||||
13 | von demselben seinen Satz zu beweisen; allein er hat sein Wort nicht | ||||||
14 | gehalten. | ||||||
15 | Nachdem er erklärt hatte, was er durch unschädliche Wirkungen | ||||||
16 | ( effectus innocuos ) verstehe, nämlich solche, in deren Hervorbringung | ||||||
17 | die Kraft sich nicht verzehrt: so setzt er einen Satz zum | ||||||
18 | Grunde, auf welchem sein Gebäude einzig und allein errichtet ist, und | ||||||
19 | den wir ihm nur nehmen dürfen, um alle Bemühung seiner Schrift | ||||||
20 | fruchtlos zu machen. Si duo mobilia per spatia inäqualia transferuntur, | ||||||
21 | effectus innocui sunt ut spatia. Dieses ist der Satz, den | ||||||
22 | wir meinen.*) Lasset uns sehen, wie er es angefangen hat, ihn zu | ||||||
23 | beweisen. Er schließt auf folgende Weise: Wenn der Effect durch den | ||||||
24 | Raum A wie e ist, so ist derjenige Effect, der in einem gleichen oder | ||||||
25 | eben demselben Raum A geschieht, auch e ; folglich in dem Raum 2 A | ||||||
26 | ist er 2 e , in dem Raum 3 A wird er 3 e sein, d. i. die Effecten | ||||||
27 | werden in der Proportion der Räume stehen. | ||||||
28 | Sein Beweis beruht also auf dieser Voraussetzung: Wenn der | ||||||
29 | Körper durch eben denselben Raum geht, so hat er auch eben | ||||||
30 | dieselbe unschädliche Wirkung ausgeübt. Dieses ist der rechte | ||||||
31 | Punkt der Verführung und des Irrthumes, der sich hernach über seine | ||||||
32 | ganze Schrift ausbreitet. Es ist nicht genug, daß nur der Raum eben | ||||||
*) Es hat also Herr Wolff in der Bewegung durch einen Raum, darin dem Körper nichts widersteht, d. i. durch einen leeren Raum, demselben gewisse Wirkungen beigelegt; und dieser Wirkungen bedient er sich hernach zu einem Maße der Kraft des Körpers; folglich ist er seinem Versprechen nicht nachgekommen. | |||||||
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