Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 115 |
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01 | derselbe sei, wenn die Wirkung, die in ihm durch einen gleichen Körper | ||||||
02 | verübt worden, auch dieselbe sein soll; man muß hiebei die Geschwindigkeit | ||||||
03 | des Körpers, womit er den Raum zurück legt, mit in Erwägung | ||||||
04 | ziehen. Wenn diese nicht ebenfalls gleich ist, so wird aller der | ||||||
05 | Gleichheit des Raumes ungeachtet die unschädliche Wirkung dennoch | ||||||
06 | unterschieden sein. Dieses zu begreifen, müssen wir uns, so wie wir | ||||||
07 | im 17. § gethan haben, den Raum, den der Körper durchläuft, nicht | ||||||
08 | als vollkommen leer, sondern als mit Materie, aber mit unendlich | ||||||
09 | dünner, folglich unendlich wenig widerstehender Materie erfüllt vorstellen. | ||||||
10 | Dieses geschieht nur, damit wir eine wahre Wirkung und ein | ||||||
11 | gewisses Subject derselben haben, denn im übrigen bleibt es dennoch | ||||||
12 | eine unschädliche Wirkung, so wie im Wolffischen Argumente. Wenn | ||||||
13 | also der Körper einen eben so großen Raum als ein anderer, der ihm | ||||||
14 | gleich ist, zurücklegt: so haben sie beide gleich viel Materie verrückt, | ||||||
15 | aber deswegen noch nicht allemal gleiche Wirkung ausgeübt. Denn | ||||||
16 | wenn der eine seinen Raum mit zweimal mehr Geschwindigkeit durchgelaufen | ||||||
17 | hat, so haben alle Theilchen seines Raumes durch seine Wirkung | ||||||
18 | auch zweimal mehr Geschwindigkeit von ihm erhalten, als die | ||||||
19 | Theilchen des Raumes, den der andere Körper mit einfacher Geschwindigkeit | ||||||
20 | durchläuft, folglich hat der erstere Körper eine größere Wirkung | ||||||
21 | ausgeübt, obgleich die Masse und der zurückgelegte Raum in beiden | ||||||
22 | gleich war. | ||||||
23 | § 105. |
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24 | So ist denn der Grundsatz aller Schlüsse des Herrn | Noch ein | |||||
25 | Wolffen augenscheinlich falsch und streitet wider dasjenige, | Hauptgrund | |||||
26 | was man von den Begriffen des Wirkens und der Bewegung | des Wolffischen | |||||
27 | am allerklärsten und gewissesten beweisen kann. | Schediasmatis . | |||||
28 | Wenn man einmal geirrt hat, so ist die Folge nicht anders, als eine | ||||||
29 | Kette von Irrthümern. Herr Wolff zieht aus seinem Grundsatze einen | ||||||
30 | andern, der seinem System eigentlich alle die große Folgerungen, die | ||||||
31 | den Leser so unvermuthet überraschen und in Verwunderung setzen, | ||||||
32 | darbietet. Er heißt: Weil in gleichförmiger Bewegung die | ||||||
33 | Räume in zusammengesetztem Verhältniß der Geschwindigkeiten | ||||||
34 | und Zeiten sind: so sind die unschädliche Wirkungen, | ||||||
35 | wie die Massen, Zeiten und Geschwindigkeiten zusammen. | ||||||
36 | Hierauf bauet er das Theorem: Actiones, quibus idem effectus producitur, | ||||||
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