| Kant: Briefwechsel, Brief 23, Von Polycarp Christoph Bauer. | |||||||
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| Von Polycarp Christoph Bauer. | |||||||
| 9. Ian. 1762. | |||||||
| HochEdelgebohrner und Hochgelahrter Herr Magister | |||||||
| Höchstgeneigter Freünd! | |||||||
| Es sind ohngefehr 7 oder 8 Wochen, da per Couvert des HEn. | |||||||
| Böhnken an Ewr HochEdelgebohrnen zu schreiben mir die Gelegenheit | |||||||
| nahm. Ich sandte den Brief unter erstbemeldtem Couvert, damit | |||||||
| von der Hinkunft deßelben desto gewißer benachrichtiget würde. Er | |||||||
| schreibet auch, an seinem hiesigem Correspondenten zu Tuckum dem | |||||||
| HEn. Sieffers, er habe den Brief abgeben laßen, aber noch keine | |||||||
| Antwort erhalten. Darf ich nach der mir sonst geschenkten Freündschafft, | |||||||
| nach dem Vertrauen, welches ich in der Entfernung auf Dero | |||||||
| Leütseeligkeit setze, und nach dem algemeinen Ruf, welcher Ewr HochEdelgebohrnen | |||||||
| unter denen besten Bestimmungen abschildert, urtheilen; | |||||||
| so muß glauben, daß Denenselben nicht gleich ein anständiges subjectum | |||||||
| eingefallen, welches man zum besten des erwehnten adelichen Hauses | |||||||
| hätte bestimmen können. Ich sollte wenigstens denken, daß ein jahrliches | |||||||
| solarium von 480 fl pr cour :, wobey noch auf weitere Iahre | |||||||
| Zulagen versprochen werden, der Umgang mit einem so angesehenen | |||||||
| und selbst bey Hofe sehr geachteten Hauses, und die fernere Vortheile, | |||||||
| die nach dreyen Iahren bey der Führung eines reichen jungen Barons | |||||||
| sich gewiß zeügen würden, wohl einen sein Glük liebenden Studiosum | |||||||
| zu dem Vorhaben bringen könten eine solche HofMeister Stelle zu | |||||||
| übernehmen. Zudem wird nichts mehr als der Character eines Ehrliebenden, | |||||||
| sittsahmen und in humanioribus geschickten Mannes gefordert. | |||||||
| Könte er ein Clavier spielen, so wäre es gut, es wird aber nicht | |||||||
| durchaus gefordert, weil die Iugend schon von einem HofMusico darin | |||||||
| unterrichtet wird, im frantzösischem wird nur eine regelmäßige Wißenschafft | |||||||
| der Sprache, Nicht aber das sogenandte parliren gefordert, ob | |||||||
| es gleich wohl angenehm wäre. Er mag übrigends ein Jurist oder | |||||||
| Theologus seyn, so ists einerley, doch lieber ein Jurist, weil die | |||||||
| Theologi sich mehr Gelegenheit nehmen auszureisen, und dabey ihre | |||||||
| Stunden versäumen, welches in diesem Hause nicht gelitten wird. | |||||||
| Ich habe mit Fleiß einige Umstände hier nochmahlen berühren wollen, | |||||||
| weil es seyn kan, daß mein ersteres Schreiben, auf welcher ich eine | |||||||
| baldige Antwort mir so sehnlichst ausbaht, unter Dero übrigen | |||||||
| Schrifften verfallen und entkommen ist. Sollte sich wieder Vermuhten | |||||||
| kein solches subjectum finden, welches Ewr HochEdelgebohrnen mit | |||||||
| gutem Wißen recommendiren könten; so bitte auch davon mir eine | |||||||
| Antwort auf einigen wenigen Zeilen auf mein porto per posto aus, | |||||||
| damit nach Jena deßwegen an einem guten Freunde schreiben könne. | |||||||
| Sollte sich aber jemand finden, der zu seinem eigenem besten diese | |||||||
| HofMeisterStelle bey dem HEn Baron von Roenne über nehmen wollte, | |||||||
| so bitte mir es gleichfals mit ehester Post auf mein porto zu avertiren, | |||||||
| in gewißer Hofnung, daß alsobald die zu ReisUnkosten erforderliche | |||||||
| 60 oder 80 fl cour in Koenigsberg per Wechsel an Hochdenenselben sollen | |||||||
| übermachet werden. Da nun in dieser Woche die Zeit des Daseyns | |||||||
| des jetzigen HEn. Studiosi in Puhren zu Ende gehet, als welcher als | |||||||
| Pastor seinem HEn Vater adjungiret wird, als bitte aufs ergebenste | |||||||
| mir mit der ersten Post eine Nachricht aus. Der Herr Baron versicherte | |||||||
| mir neülich, daß er apart deßwegen gegen Ewr HochEdelgebohrnen | |||||||
| seine thatliche Dankbahrkeit bezeigen wolle, und von mir | |||||||
| bitte zu glauben, daß stets sey | |||||||
| Ewr HochEdelgeb. | |||||||
| Ms IH z E Herrn Magistri | |||||||
| Tukum im Past: | ergebenster Diener P. C. Bauer. | ||||||
| d. 9ten Ian 1762. | Pastor zu Tukum in Curland. | ||||||
| Die adresse gehet an mich per Schrunden, Annenhof et Degahlen | |||||||
| a Tuckum. Ich werde sehnlichst Dero baldigste Antwort erwarten. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 037 ] [ Brief 22a ] [ Brief 24 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||