| Kant: Briefwechsel, Brief 209, An Iohann Schultz. | |||||||
| 
 | 
 | 
 
 | 
 
 | ||||
| An Iohann Schultz. | |||||||
| 22. Aug. 1783. | |||||||
| Ew. Hochehrw. habe hiemit die Ehre, die mir gestern durch den | |||||||
| Herrn O. C. R. Spalding zugefertigte Garvische Recension zur Beurtheilung | |||||||
| ergebenst mitzutheilen. Ich habe sie zwar nur flüchtig | |||||||
| durchlaufen können weil mir eben andere zerstreuende Beschäftigungen | |||||||
| im Wege liegen, allein, unerachtet der kaum zu vermeidenden ofteren | |||||||
| Verfehlung meines Sinnes, gantz etwas anderes u. weit durchdachteres, | |||||||
| als was die Götting'sche Anzeige enthielt (die doch Garvisch sein solte) | |||||||
| angetroffen. | |||||||
| Da Ew. Hochehrwürden diesen Sachen die Ehre erweisen sie, | |||||||
| Ihrer Gewohnheit nach, gründlich durchzudenken und, wie mir HE. | |||||||
| Jenisch sagt, das Resultat Ihres Urtheils schon aufgesetzt haben, so | |||||||
| halte ich diese Ihre Theilnehmung vor so wichtig, daß ich wünsche, | |||||||
| Sie möchten der Vollendung derselben noch einigen Aufschub geben, | |||||||
| um, womöglich dem metaphysischen Publikum einen Wink zu geben, | |||||||
| wie, in welcher Ordnung und nach welcher auf die wesentlichste Punkte | |||||||
| zu Anfangs allein zu richtenden Aufmerksamkeit, die Untersuchung | |||||||
| hierüber anzustellen und die Grentze aller unserer Einsicht in diesem | |||||||
| Felde sicher zu bestimmen wäre. Denn auf diese Art allein, durch die | |||||||
| Mitwirkung solcher Männer, wie Sie (die freilich nur selten angetroffen | |||||||
| werden) kann ein für die Wissenschaft vortheilhafter Ausgang gehoffet | |||||||
| werden, es mag nun von meinen Versuchen viel oder wenig übrig | |||||||
| bleiben. | |||||||
| Wie dergleichen Untersuchungen könnten verkürzt werden, dadurch, | |||||||
| daß man gewisse allgemeinere Aufgaben zuerst auf die Bahn brächte, | |||||||
| die ausgemacht werden können, ohne sich auf die Art einzulassen, nach | |||||||
| der ich sie aufzulösen versucht habe, darüber werde mir noch die Freyheit | |||||||
| nehmen Ew. Hochehrw. einige kleine Vorschläge zu Ihrer Beurtheilung | |||||||
| zu eröfnen. Könnte Ihre Arbeit ein besonderes Stück werden | |||||||
| welches nicht unter der Menge Recensionen anderer Art gleichsam vergraben | |||||||
| würde, so würde dieses einen solchen Zweck viel besser befördern. | |||||||
| Doch bleibt alles dieses Ihrem reifen Ermessen, dem Urtheile, welche | |||||||
| Sie über die Richtigkeit oder Unwichtigkeit dieses Geschäftes fällen und | |||||||
| der Angemessenheit mit der Zeit, die Sie dazu verwenden können, überlassen. | |||||||
| Ich bin übrigens mit der größesten Hochachtung | |||||||
| Ew: Hochehrwürd: | |||||||
| gehorsamster Diener | |||||||
| I. Kant | |||||||
| den 22 Aug: 1783. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 349 ] [ Brief 208 ] [ Brief 210 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||