| Kant: Briefwechsel, Brief 196, Von Friedrich Victor Leberecht Plessing. | |||||||
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| Von Friedrich Victor Leberecht Plessing. | |||||||
| 29. Mai 1783. | |||||||
| Wohlgeborner Hochgelahrter Herr, | |||||||
| Verehrungswürdiger Menschenfreund, | |||||||
| Ich hoffe, daß Ew. Wohlgeb. mein lezteres Schreiben aus Graudenz, | |||||||
| daß ich den 9 Mai an Dieselben abließ, werden richtig erhalten | |||||||
| haben; Gegenwärtig nehme ich mir abermahls die Freiheit, mich. auch | |||||||
| hier in Koniz Dero Andenken gegenwärtig zu machen, zugleich aber | |||||||
| auch eine nochmahlige Bitte an Dieselben zu wagen: Heute empfange | |||||||
| ich einen Brief von meinem Vater, worin er mir meldet, daß er ein | |||||||
| Schreiben von Ew. Wohlgeb. erhalten, welches ihm sehr viele Freude | |||||||
| verursacht habe, vermuthlich wird er Denselben schon geantwortet nun | |||||||
| haben; ich sage Ihnen, theurester Menschenfreund, meinen innigsten | |||||||
| Dank, für die bereitwillige Güte, mit der Sie hierin meine Bitte erfüllt | |||||||
| haben; Mein Vater schreibt mir ferner, daß ich in Berlin suchen | |||||||
| möchte, dem Minister v. Zedliz vorgestellt werden zu können, vieleicht | |||||||
| könne durch gewiße Connexionen hiedurch von ferne her, etwas zu | |||||||
| meiner zukünftigen Beförderung in Frankfurth oder Halle beigetragen | |||||||
| werden, wenn nehmlich durch den Herrn Kanzler von Springer hierin | |||||||
| unsere Hoffnungen in Erfurt bei dem Statthalter, oder in Gießen, | |||||||
| fehlschlagen sollten; der Minister könne mich denn doch als extraordinairen | |||||||
| Profeßor befördern, und ich mir denn zur Noth mein Brodt | |||||||
| durch Collegia lesen verdienen: Sei ich denn erst einmahl außerordentlicher | |||||||
| Profeßor und in einem ordentlichen Amt, so würde vieleicht | |||||||
| hernachmahls meine Beförderung, als ordentlicher Lehrer auf einer | |||||||
| andern Universität nicht so schwer halten, zumahl wenn ich mich unterdeßen | |||||||
| noch mehr durch Schriften bekannt gemacht u.s.w. | |||||||
| Und hiezu könnten Sie mir nun, verehrungswürdiger Gönner und | |||||||
| Menschenfreund, von ferne her auf einige Art behülflich seyn: D. Biester | |||||||
| ist immer um den Minister v. Zedliz, Sie sind ein Bekannter von | |||||||
| dem erstern, mit dem Sie auch wohl sonst in Briefwechsel gestanden: | |||||||
| Ginge es daher wohl nicht an, daß Ew. Wohlgeb. mir hieher nach | |||||||
| Koniz einen Brief an Herrn D. Biester zur Bestellung schikten, in | |||||||
| welchem Sie etwa nur unter ganz allgemeinen Ausdrükken von mir | |||||||
| reden, (: denn ich will Ew. Wohlgeb. nicht anmuthen seyn, sich solcher | |||||||
| Ausdrükke von mir zu bedienen, die auf eine besondre Emphelung abzielen | |||||||
| könnten :) und unter andern meines Vorsazzes gedenken, mich | |||||||
| dem akademischen Leben zu widmen - und hernach auch meines | |||||||
| Wunsches erwähnen, dem Minister vorgestellt zu werden, wenn sich | |||||||
| hiezu eine schikliche Gelegenheit äußern sollte u.s.w. Auf diese Weise | |||||||
| würde mir in gewißer Absicht durch Ew. Wohlgeb. der Weg gebahnt | |||||||
| werden, um, nach dem Willen meines Vaters, dem Minister aufwarten | |||||||
| zu können. Sollten diese und jene Umstände nicht etwa Ew. Wohlgeb. | |||||||
| verhindern, auf meine Bitte Rüksicht zu nehmen, so mache ich mir | |||||||
| schon zum Voraus Hoffnung auf die Erfüllung derselben, indem Dero | |||||||
| edle menschenfreundliche Güte, von der ich schon größere Proben erhalten, | |||||||
| sich auch hierin meiner nicht entziehen wird. | |||||||
| Meine Abreise von hier ist aber den 16 Iunius, als Montag über | |||||||
| 14 tage ganz gewiß angesezt, wenn Ew. Wohlgeb. sich also entschlüßen | |||||||
| sollten meinen Wunsch zu erfüllen, so würde es nöthig seyn, daß Sie | |||||||
| Dero Schreiben an mich schon Freitag früh als den 6 Iunius auf | |||||||
| die Post geben, wenn mich daßelbe hier noch treffen soll, indem die | |||||||
| Briefe von Koniz nach Königsberg immer 8 tage unterwegens sind. | |||||||
| Und nun erlaße ich mich von Ihnen hier aus Preußen, unter den | |||||||
| innigsten und größten Empfindungen der Dankbarkeit, Verehrung und | |||||||
| Hochachtung; Ich verlaße dieses Land vermuthlich auf ewig, und nie | |||||||
| möchte ich Sie daher wiedersehen, theurester Menschenfreund, aber nie | |||||||
| wird Dero Andenken aus meinem Herzen vergehen, sondern mir immer | |||||||
| das Bild der vergangnen Zeiten vorschweben, in denen ich so anschauende | |||||||
| Gelegenheit erhielt, Sie in Ihren moralischen Vollkommenheiten unter | |||||||
| den dankbarsten Empfindungen zu bewundern und zu verehren. Leben | |||||||
| Sie wohl, edler, theurer Mann! und vergeßen Sie meiner nicht ganz: | |||||||
| Leben Sie wohl, immer wohl! Mit der innigsten Hochachtung nenne | |||||||
| ich mich | |||||||
| Dero | |||||||
| gehorsamsten | |||||||
| Koniz den 29 Mai. 83. | Pl. | ||||||
| Ew. Wohlgeb. haben auch noch bis auf den 9 Iunius mit dem | |||||||
| Briefe Zeit, weil ich ihn alsdenn doch noch kurz vor meiner Abreise | |||||||
| erhalte. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA X, Seite 319 ] [ Brief 195 ] [ Brief 196a ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||