| Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zur Religion innerhalb der ... , Seite 091 | |||||||
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| 01 | LBl G 16 R III 55-57 | ||||||
| 02 | Zweite Seite | ||||||
| 03 | Über den Titel. Er soll nicht heißen Religion aus bloßer Vernunft; | ||||||
| 04 | denn nicht allein daß diese ein bloßes Ideal seyn würde weil allem Anschein | ||||||
| 05 | nach keine daraus allein entsprungen ist so würde ich mir zu viel hierin | ||||||
| 06 | zugetraut und doch auch mein Feld zu sehr eingeschränkt haben. Nun | ||||||
| 07 | kann ich alle wirklich vorhandenen Glaubensarten unter den Nahmen der | ||||||
| 08 | Religion nehmen und daraus das aussuchen was blos zur Vernunft gehört | ||||||
| 09 | ohne es den Meynungen der Religionsgenossen beylegen zu wollen und | ||||||
| 10 | so suche ich nur die Grenzen sowohl des sinnlichen und empirischen im | ||||||
| 11 | Glauben als auch die der Vernunft zu bestimmen. | ||||||
| 12 | Von Mendelssohns Anmerkung über die zugemuthete Bekehrung | ||||||
| 13 | eines Juden. | ||||||
| 14 | Von dem Wunder daß die Juden die einzige Nation sind die in der | ||||||
| 15 | Auflösung ihrer Verfassung und Zerstreuung in der Welt dennoch ihre | ||||||
| 16 | Religion erhalten hat. - Die Philosophie nimmt das Übernatürliche | ||||||
| 17 | nicht unter ihre Maximen auf aber auch nicht die Läugnung desselben. | ||||||
| 18 | Da Religion sich von der Theologie darin unterscheidet daß sie eine | ||||||
| 19 | Moral ist die mit der Erkentnis von Gott und seinem Willen übereinstimmt | ||||||
| 20 | so würde sie entweder eine philosophische (bloße Vernunft-)Moral | ||||||
| 21 | oder eine biblische sich auf heilige Geschichte gründende Moral seyn sollen | ||||||
| 22 | oder aus beyden zusammengesetzt allererst eine Religion ausmachen. Im | ||||||
| 23 | erstern Falle würde von der Vernunft gefordert werden daß sie allein | ||||||
| 24 | was zu thun sey damit wir seelig werden nicht allein lehre sondern auch | ||||||
| 25 | damit wir es thun auch die Kraft bey sich führe (theoretisch und practisch) | ||||||
| 26 | für die Religion zureichend sey so daß wir aller Schrift entbehren könnten | ||||||
| 27 | außer daß sie subsidarisch so wohl zu früherer Einleitung und größerer | ||||||
| 28 | Ausbreitung als auch zur wenigstens möglichen daher zu nehmenden | ||||||
| 29 | für die bloße Vernunft unauflöslichen Schwierigkeiten sehr nützlichen | ||||||
| 30 | Begleitung dienen könnte. - Im zweyten Falle wäre wiederum die | ||||||
| 31 | Vernunftmoral unnöthig denn die biblische wenn wir uns ihr mit vollem | ||||||
| 32 | Glauben widmen enthält gnug in sich um uns selbst in dem was die | ||||||
| 33 | Vernunft in practischer Absicht bedarf hinreichend zu leiten und die auf | ||||||
| 34 | Wunder gegründete Autorität erspahrt uns jene Vernunftforschungen dadurch | ||||||
| 35 | daß sie Schriftforschung an die Stelle setzt. | ||||||
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