Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 296 |
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| 01 | Erkenntniß ihr Endzweck ist, seit der Leibniz-Wolfischen Epoche irgend | ||||||
| 02 | etwas, und wie viel ausgerichtet, und was kann sie überhaupt ausrichten? | ||||||
| 03 | Das ist die Frage, welche beantwortet werden soll, wenn sie auf die | ||||||
| 04 | Erfüllung des Endzweckes, wozu es überhaupt Metaphysik geben soll, | ||||||
| 05 | gerichtet ist. | ||||||
| 06 | Auflösung |
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| 07 | der academischen Aufgabe. |
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| 08 | I. |
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| 09 | Was für Fortschritte kann die Metaphysik |
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| 10 | in Ansehung des Übersinnlichen thun? |
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| 11 | Durch die Kritik der reinen Vernunft ist hinreichend bewiesen, | ||||||
| 12 | daß über die Gegenstände der Sinne hinaus es schlechterdings kein | ||||||
| 13 | theoretisches Erkenntniß, und, weil in diesem Falle alles a priori durch | ||||||
| 14 | Begriffe erkannt werden müßte, kein theoretisch-dogmatisches Erkenntniß | ||||||
| 15 | geben könne, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil allen Begriffen | ||||||
| 16 | irgend eine Anschauung, dadurch ihnen objective Realität verschafft wird, | ||||||
| 17 | muß unterlegt werden können, alle unsre Anschauung aber sinnlich ist. | ||||||
| 18 | Das heißt mit andern Worten, wir können von der Natur übersinnlicher | ||||||
| 19 | Gegenstände, Gottes, unsers eigenen Freyheitsvermögens, und der | ||||||
| 20 | unsrer Seele (abgesondert vom Körper) gar nichts erkennen, was dieses | ||||||
| 21 | innere Prinzip alles dessen, was zum Daseyn dieser Dinge gehört, die | ||||||
| 22 | Folgen und Wirkungen desselben betrifft, durch welche die Erscheinungen | ||||||
| 23 | derselben uns auch nur im mindesten Grade erklärlich, und ihr Prinzip, | ||||||
| 24 | das Object selbst, für uns erkennbar sein könnte. | ||||||
| 25 | Nun kommt es also nur noch darauf an, ob es nicht demohngeachtet | ||||||
| 26 | von diesen übersinnlichen Gegenständen ein praktisch-dogmatisches | ||||||
| 27 | Erkenntniß geben könne, welches dann das dritte, und den ganzen Zweck | ||||||
| 28 | der Metaphysik erfüllende Stadium derselben seyn würde. | ||||||
| 29 | In diesem Falle würden wir das übersinnliche Ding nicht nach dem, | ||||||
| 30 | was es an sich ist, sondern nur, wie wir es zu denken, und seine Beschaffenheit | ||||||
| 31 | anzunehmen haben, um dem praktisch-dogmatischen Object | ||||||
| 32 | des reinen sittlichen Prinzipes, nämlich dem Endzweck, welcher das höchste | ||||||
| 33 | Gut ist, für uns selbst angemessen zu seyn, zu untersuchen haben. | ||||||
| 34 | Wir würden da nicht Nachforschungen über die Natur der Dinge anstellen, | ||||||
| 35 | die wir uns, und zwar blos zum nothwendigen praktischen Behuf, selbst | ||||||
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