Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 292 |
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| 01 | in Ansehung derselben Handlung, doch nicht frey ist. Und so auch | ||||||
| 02 | mit dem Begriffe eines nothwendigen Wesens. | ||||||
| 03 | Viertens: Diese Antinomie der reinen Vernunft, welche den | ||||||
| 04 | sceptischen Stillstand der reinen Vernunft nothwendig zu bewirken | ||||||
| 05 | scheint, führt am Ende, vermittelst der Kritik, auf dogmatische Fortschritte | ||||||
| 06 | derselben, wenn es sich nämlich hervor thut, daß ein solches Noumenon, | ||||||
| 07 | als Sache an sich, wirklich und selbst nach seinen Gesetzen, wenigstens in | ||||||
| 08 | praktischer Absicht, erkennbar ist, ob es gleich übersinnlich ist. | ||||||
| 09 | Freyheit der Willkür ist dieses Übersinnliche, welches durch moralische | ||||||
| 10 | Gesetze nicht allein als wirklich im Subject gegeben, sondern auch in | ||||||
| 11 | praktischer Rücksicht, in Ansehung des Objectes, bestimmend ist, welches in | ||||||
| 12 | theoretischer gar nicht erkennbar seyn würde, welches dann der eigentliche | ||||||
| 13 | Endzweck der Metaphysik ist. | ||||||
| 14 | Die Möglichkeit eines solchen Fortschrittes der Vernunft mit dynamischen | ||||||
| 15 | Ideen gründet sich darauf, daß in ihnen die Zusammensetzung der | ||||||
| 16 | eigentlichen Verknüpfung der Wirkung mit ihrer Ursache, oder des Zufälligen | ||||||
| 17 | mit dem Nothwendigen, nicht eine Verbindung des Gleichartigen | ||||||
| 18 | seyn darf, wie in der mathematischen Synthesis, sondern Grund | ||||||
| 19 | und Folge, die Bedingung und das Bedingte, von verschiedner Art seyn | ||||||
| 20 | können, und so in dem Fortschritte vom Bedingten zur Bedingung, vom | ||||||
| 21 | Sinnlichen zum Übersinnlichen, als der obersten Bedingung, ein Überschritt | ||||||
| 22 | nach Grundsätzen geschehen kann. | ||||||
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| 24 | Die zwey dynamischen Antinomien sagen weniger, als zur Opposition | ||||||
| 25 | erfordert wird, z.B. wie zwey particuläre Sätze. Daher beyde | ||||||
| 26 | wahr seyn können. | ||||||
| 27 | In den dynamischen Antinomien kann etwas Ungleichartiges zur | ||||||
| 28 | Bedingung angenommen werden. — Imgleichen hat man da Etwas, | ||||||
| 29 | wodurch das Übersinnliche (Gott, worauf der Zweck eigentlich geht) | ||||||
| 30 | erkannt werden kann, weil ein Gesetz der Freyheit als übersinnlich gegeben | ||||||
| 31 | ist. | ||||||
| 32 | Auf das Übersinnliche in der Welt (die geistige Natur der Seele) | ||||||
| 33 | und das außer der Welt (Gott), also Unsterblichkeit und Theologie, | ||||||
| 34 | ist der Endzweck gerichtet. | ||||||
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