Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 276

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wir sie selbst machen müssen: so gehört sie nicht zur Receptivität der      
  02 Sinnlichkeit, sondern zur Spontaneität des Verstandes, als Begriff a priori.      
           
  03 Raum und Zeit sind, subjectiv betrachtet, Formen der Sinnlichkeit,      
  04 aber um von ihnen, als Objecten der reinen Anschauung, sich einen Begriff      
  05 zu machen, (ohne welchen wir gar nichts von ihnen sagen könnten) dazu      
  06 wird a priori der Begriff eines Zusammengesetzten, mithin der Zusammensetzung      
  07 (Synthesis) des Mannigfaltigen erfordert, mithin synthetische      
  08 Einheit der Apperception in Verbindung dieses Mannigfaltigen, welche      
  09 Einheit des Bewußtseyns, nach Verschiedenheit der anschaulichen Vorstellungen      
  10 der Gegenstände in Raum und Zeit, verschiedene Functionen      
  11 sie zu verbinden erfordert, welche Kategorien heißen, und Verstandesbegriffe      
  12 a priori sind, die zwar für sich allein noch kein Erkenntniß      
  13 von einem Gegenstande überhaupt, aber doch von dem, der in der empirischen      
  14 Anschauung gegeben ist, begründen, welches alsdann Erfahrung      
  15 seyn würde. Das Empirische aber, d.i. dasjenige, wodurch ein Gegenstand      
  16 seinem Daseyn nach als gegeben vorgestellt wird, heißt Empfindung      
  17 (sensatio, impressio), welche die Materie der Erfahrung ausmacht,      
  18 und, mit Bewußtseyn verbunden, Wahrnehmung heißt, zu der noch die      
  19 Form, d.i. die synthetische Einheit der Apperception derselben im Verstande,      
  20 mithin die a priori gedacht wird, hinzukommen muß, um Erfahrung      
  21 als empirisches Erkenntniß hervorzubringen, wozu, weil wir      
  22 Raum und Zeit selbst, als in denen wir jedem Object der Wahrnehmung      
  23 seine Stelle durch Begriffe anweisen müssen, nicht unmittelbar wahrnehmen,      
  24 Grundsätze a priori nach bloßen Verstandesbegriffen nothwendig      
  25 sind, welche ihre Realität durch die sinnliche Anschauung beweisen,      
  26 und in Verbindung mit dieser, nach der a priori gegebenen Form derselben,      
  27 Erfahrung möglich machen, welche ein ganz gewisses Erkenntniß      
  28 a posteriori ist.      
           
  29      
  30 Wider diese Gewißheit aber regt sich, was die äußere Erfahrung      
  31 betrifft, ein wichtiger Zweifel, nicht zwar darin, daß das Erkenntniß      
  32 der Objecte durch dieselbe etwa ungewiß sey, sondern ob das Object      
  33 welches wir außer uns setzen, nicht vielleicht immer in uns seyn könne,      
  34 und es gar wohl unmöglich sey, etwas außer uns, als ein solches, mit      
  35 Gewißheit anzuerkennen. Die Metaphysik würde dadurch, daß man      
  36 diese Frage ganz unentschieden ließe, an ihren Fortschritten nichts verlieren,      
  37 weil, da die Wahrnehmungen, aus denen, und der Form der      
  38 Anschauung in ihnen, wir nach Grundsätzen durch die Kategorien Erfahrung      
  39 machen, doch immer in uns seyn mögen, und ob ihnen auch      
           
           
           
     

[ Seite 275 ] [ Seite 277 ] [ Inhaltsverzeichnis ]