Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 572 |
|||||||
Zeile:
|
Text:
|
|
|
||||
| 01 | De potestate legislatoria. Exsecutoria et inspectoria. |
||||||
| 02 | § 113--119. |
||||||
7982. ψ3--4. J 98. |
|||||||
| 04 | Der allein nicht unter dem Gesetze steht, ist der Monarch. Wenn er | ||||||
| 05 | allein zugleich Gesetze giebt, ist er der Souverain (Autocrator). Wenn | ||||||
| 06 | er zugleich das Gesetz in besonderen Fällen in Ausübung bringt, administrirt | ||||||
| 07 | oder richtet, so ist er despot. Denn ich muß über den, der nach dem | ||||||
| 08 | Gesetze mich bestimmt, klagen können; es muß also einer über ihn seyn, | ||||||
| 09 | sonst ist mir alle Gerechtigkeit benommen; (g es ist, als ob ich gar nicht | ||||||
| 10 | unter dem Schutze der Gesetze stände. ) Der Despot ist ein Tyrann, wenn | ||||||
| 11 | er wieder die Gesetze und ungeachtet der Gesetzmäßigkeit der Handlungen | ||||||
| 12 | die Freyheit raubt, die mit dem Gesetze wohl zusammenstimmt. | ||||||
| 13 | Der Gesetzgeber kann nicht unrecht thun, weil nach seinem Gesetz erstlich, | ||||||
| 14 | was unrecht ist, beurtheilt werden soll. Doch muß der Gesetzgeber | ||||||
| 15 | alleinig die Gewalt haben, und alle Gewalt (welche die des Ganzen Volks | ||||||
| 16 | ist) geht von ihm aus. Diese Gewalt bestimmt nicht, was recht ist, sondern | ||||||
| 17 | beschützt und vertheidigt es nur. | ||||||
7983. ψ3--4. J 99. |
|||||||
| 19 | Was ein Volk nicht thun kann, das kan auch ein jeder Souverain | ||||||
| 20 | nicht thun. Er kan nicht administriren und richten, weil ein Theil über | ||||||
| 21 | den anderen alsdenn beschließen könnte und also unrecht thun könnte, dennoch | ||||||
| 22 | aber keiner über demselben ist, der jedem sein Recht sicherte. Er kann | ||||||
| 23 | Gesetze geben, mehr nicht. Das andere ist unter seiner Majestät. | ||||||
| 24 | Das Volk aber kann einzelne Personen zu Ämtern ernennen unter | ||||||
| 25 | der Bedingung, sie ihnen Zu nehmen, wenn es ihm beliebt, aber es kann | ||||||
| 26 | nicht strafen und richten. Denn im ersten Falle kann der Beammte selbst | ||||||
| 27 | einwilligen, im Zweyten nicht. | ||||||
7984. ψ3--4. J 99. |
|||||||
| 29 | Die Regirung und der Richter sind verbunden, nach Gesetzen zu regiren | ||||||
| 30 | und zu sprechen. Daher sind sie unter den Gesetzen, also kann der | ||||||
| 31 | souverain weder regiren noch richten. Er hat aber potestatem instituendi | ||||||
| 32 | und inspiciendi. | ||||||
| [ Seite 571 ] [ Seite 573 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||