Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 182 |
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| 6859. φ? ψ? Pr 130. |
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| 02 | In der Moral bedürfen wir keinen andern Begrif von freyheit, als | ||||||
| 03 | daß unsere Handlungen der Erfahrung gemäß nicht am faden des Instinkts | ||||||
| 04 | fortlaufen, sondern Reflexionen des Verstandes sich unter die triebfedern | ||||||
| 05 | einmischen. Dadurch wird ein Mangel des Zusammenhanges, weil der | ||||||
| 06 | Instinkt, wo er allein herrscht, Regeln (g Eben so auch der Verstand, wenn | ||||||
| 07 | er allein herrscht ) hat, der Verstand aber, der sich selbst nicht regeln vorschreibt, | ||||||
| 08 | wenn er den Mangel des instinkts ausfüllt, alles unregelmäßig | ||||||
| 09 | macht. freyheit also vom Instinkt erfodert Regelmäßigkeit im praktischen | ||||||
| 10 | Gebrauch des Verstandes. Wir stellen uns also die Regelmäßigkeit und | ||||||
| 11 | Einheit im Gebrauch unserer willkühr blos dadurch als möglich vor, daß | ||||||
| 12 | unser Verstand solche an Bedingungen knüpfe, welche sie mit sich selbst | ||||||
| 13 | einstimmig machen. Woher aber dieser Gebrauch des Verstandes wirklich | ||||||
| 14 | werde, ob er selbst seine in der Reihe der Erscheinungen vorbestimte Ursache | ||||||
| 15 | habe oder nicht: ist keine praktische Frage.* Gnug: Gesetze der Einstimmung | ||||||
| 16 | der Willkühr mit sich selbst, welche nicht von Antrieben zu erwarten | ||||||
| 17 | ist, sondern nur aus der Vernunft kommen können, haben allein | ||||||
| 18 | diese wirkung und sind also unserm obern Willen (in Ansehung der summe | ||||||
| 19 | der Zweke) gemäß und gut. | ||||||
| 20 | Pr 131: | ||||||
| (g | |||||||
| 21 | * Es kan kein streit seyn, ob wir diesen Gesetzen der Einstimmung | ||||||
| 22 | folgen sollen oder nicht, und ob Handlungen ihnen gemäß oder zuwieder, | ||||||
| 23 | gut oder böse sind. Darüber aber mag sich allerdings ein wichtiger | ||||||
| 24 | Streit erheben, ob nicht auch diese Gesetze oder ihr Gegenteil jemals | ||||||
| 25 | mit Gewisheit bestimmende Ursachen des Menschlichen Verhaltens | ||||||
| 26 | werden oder ob ander oder ob nicht vielmehr alles beym Menschen seinen | ||||||
| 27 | Lauf habe nach diesen Gesetzen oder wieder sie, der, so wie die Bewegung | ||||||
| 28 | der Maschinen, keine Möglichkeit des Gegenteils zuläßt. Daß der Verstand | ||||||
| 29 | durch obiektive Gesetze den Einflus einer wirkenden Ursache auf | ||||||
| 30 | Erscheinungen habe, ist das paradoxon, welches Natur (summe der Erscheinungen) | ||||||
| 31 | und freyheit unterschieden Macht, indem unsere Handlungen | ||||||
| 32 | nicht durch Naturursachen (als bloße Erscheinungen) bestimt | ||||||
| 33 | sind. Die selbstthätigkeit des Verstandes Ist eine andere Gattung von | ||||||
| 34 | Ursachen. Der Ve Sonst bringt der Verstand nichts hervor als Ideen. | ||||||
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