Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 503 |
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| 01 | (g aus Begriffen oder aus factis ) | |||||||||
| 02 | Der ontologische Beweis ist mit dem reinen cosmologischen einerley, | |||||||||
| 03 | nur daß dort aus dem Begrif des entis realissimi die Nothwendigkeit, | |||||||||
| 04 | hier aus der Nothwendigkeit irgend eines Wesens (als unabhängiger | |||||||||
| 05 | Existenz oder obersten Grundes zum Wirklichen) auf den Begrif des realissimi | |||||||||
| 06 | geschlossen wird. Der erste fehlt, daß er den Satz: ens realissimum | |||||||||
| 07 | existirt, vor analytisch ansieht, da er doch synthetisch ist und als | |||||||||
| 08 | solcher nicht kan bewiesen werden. Der Zweyte: daß er den Begrif von | |||||||||
| 09 | der relativen nothwendigkeit der Bestimmung (eines Dinges | |||||||||
| 10 | (g überhaupt ) in Ansehung der (g opponirten ) praedicate, die einem | |||||||||
| 11 | Dinge überhaupt zukommen können) vor einen Begrif der absoluten | |||||||||
| 12 | Nothwendigkeit des Dinges selbst* hält; daß nämlich ens realissimum | |||||||||
| 13 | in Ansehung aller seiner praedicate durchgängig bestimmt ist und | |||||||||
| 14 | diese ihm nothwendig zukommen, sey eben so viel als: es existire nothwendig. | |||||||||
| 15 | Die analytische nothwendigkeit wieder mit der synthetischen verwechselt. | |||||||||
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| 17 | *(g Der Fehler ist eigentlich dieser, daß man glaubt, die reale not | |||||||||
| 18 | aus der logischen nothwendigkeit der praedicate eines entis realissimi, | |||||||||
| 19 | da namlich nur dieser Begrif durchgehends nothwendig bestimmt ist, | |||||||||
| 20 | auf die reale nothwendigkeit zu schließen. Wir sollen nur sagen: wir | |||||||||
| 21 | haben dadurch einen nothwendigen Begrif von einem Wesen, nicht: | |||||||||
| 22 | einen Begrif von einem nothwendigen Wesen. ) | |||||||||
| 23 | (g Zufällig ist das, was nur bedingter Weise existirt. Also ist nur | |||||||||
| 24 | das Unbedingte nothwendig. Wir können dieses nur dadurch kennen, | |||||||||
| 25 | daß es die Bedingung von allem übrigen ist. Zeit und Raum sind | |||||||||
| 26 | zufällige Formen unserer eignen Anschauung. ) | |||||||||
| 27 | (g Dem moralischen Beweise ist der anthropomorphism am meisten | |||||||||
| 28 | entgegen. ) | |||||||||
| 29 | Der theistische Begrif ist ein blos relativer oder regulativer, nicht | |||||||||
| 30 | absoluter und constitutiver anthropomorphism. Der Begrif von Gott | |||||||||
| 31 | als grenzbegrif der Naturerkentnis nach speculativen Gesetzen der gesammten | |||||||||
| 32 | Vernunft. | |||||||||
6215. ψ3. Th 2'. 3'. |
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