Kant: AA XVII, Reflexionen zur Metaphysik. , Seite 472 |
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| 01 | welche aufs Leben folgt, keine Begebenheit, die dem Menschlichen Korper | ||||||
| 02 | zustossen kan. Der Mensch hat zweyerley Leben: 1. das thierische, 2. | ||||||
| 03 | das geistige. Das letztere ist die personlichkeit. nicht 4 blos potentialiter, | ||||||
| 04 | sondern actualiter genommen. In dem Daseyn der Menschlichen Seele | ||||||
| 05 | ist 1. zu erwegen die existentz der substantz; 2. das Leben überhaupt | ||||||
| 06 | (thierisch) als eine Seele; 3. die Persöhnlichkeit, d.i. das Leben als ein | ||||||
| 07 | menschlicher Geist. Es frägt sich also, ob es möglich sei, daß die menschliche | ||||||
| 08 | Seele auch ohne Körper eine besondere Persohn sey (zum wenigsten | ||||||
| 09 | könte sie sich alsdenn ihres äußeren Zustandes nicht bewust werden weil | ||||||
| 10 | dazu gehöret, das man sich durch eben denselben Sinn empfindet, womit | ||||||
| 11 | man äussere Dinge warnimmt). Diese Frage enthält nicht, ob gewisse | ||||||
| 12 | Unterbrechungen ihrer Persöhnlichkeit (als der Schlaf) statt finden, sondern | ||||||
| 13 | ob sie iemals ohne einen Körper sich ihrer Selbst bewust werden könne. | ||||||
4238. λ? (ξ—ο?) M 314'. 314. E II 1263. |
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| 15 | M 314': | ||||||
| 16 | Entweder der Mensch hat (g lange her, ehe er gebohren ward ) vor | ||||||
| 17 | seiner Geburt etwas großes vorgestelt, oder er wird nach dem (g seinem ) | ||||||
| 18 | Tode gar nichts vorstellen. (g Wenn sein Ursprung der Geburt zu verdanken | ||||||
| 19 | ist — — ) Man sehe die Zufälligkeit der Geburthen. | ||||||
| 20 | (g Will man ihre Zufälligkeit streiten, so sind alle üble Könige Pharaonen, | ||||||
| 21 | da Gott, wo nicht die Bosheit hervorbringt, doch ein wenig befordert, um | ||||||
| 22 | seine Macht zu beweisen. ) Wenn er einen geistigen Theil hat, | ||||||
| 23 | der auch nach dem gantzlichen Verfall des Korpers denkt: warum soll er | ||||||
| 24 | nicht vernünftig gedacht haben, ehe er ihn anlegte. Hat ihm die Materie | ||||||
| 25 | zum Denken verhelfen müssen, so wird sie ihn gedankenlos und verlassen | ||||||
| 26 | wenn sie von ihm getrennt wird. Aber wie ist dieser Geist genothigt | ||||||
| 27 | worden, diese materie zu beleben? wir kenen nicht die Geisterwelt, und | ||||||
| 28 | wie unter ihrem Geboth die Materie stehe. Ich weiß nicht, wie Philosophen | ||||||
| 29 | so spröde mit einer unbegreiflichkeit thun können. | ||||||
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