Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 235 |
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| 01 | Die Bestimmung des Menschen ist nicht, hier iemals Glüklich zu | |||||||
| 02 | seyn, sondern unaufhorlich durch Schmerz getrieben zu werden, seine | |||||||
| 03 | Talente zu entwikeln. | |||||||
| 04 | Daß der Mensch eine Uneigennützigkeit in der Idee habe, wodurch er | |||||||
| 05 | seine eigennützige Neigungen mäßigt, daß er in der ersten Gesinnung sich | |||||||
| 06 | selbst gefalle, aber damit doch nicht befriedigt wird, und der Umgang die | |||||||
| 07 | Menschen verbindet, weil sie einander bedürfen. | |||||||
| 08 | S. II: | |||||||
| 09 | Die Menschen sind so eingerichtet, daß sie sich einander cultiviren | |||||||
| 10 | sollen. Daher die Gesellschaftliche Plagen, die Nebenbuhlerey und die | |||||||
| 11 | Nachrede. Hiezu konte nichts beytragen als der Schmerz, der uns immer | |||||||
| 12 | nothigt, aus unserem Zustande herauszugehen. Daher der Mensch das | |||||||
| 13 | Geplagteste unter allen Geschopfen. Kein ruhiges Vergnügen, immer | |||||||
| 14 | aussichten. Die Bösartigkeit ist ein Bewustseyn seiner überlegenheit. | |||||||
| 15 | Wer seine Gutartigkeit aus sich selbst hervorbringen soll, muß nur die | |||||||
| 16 | Anlage dazu haben und nur aus noth Gut seyn, aus Neigung aber böse. | |||||||
| 17 | Das Spiel ist eine von den Plagen unserer Unruhe, welche durch den | |||||||
| 18 | continuirlichen Wechsel uns immer nothigt, dem Gemüth andere Eindrüke | |||||||
| 19 | zu geben. Alles lauft auf Gesundheit hinaus, aber sofern sie durch | |||||||
| 20 | Gemüthsbewegungen bewirkt wird. | |||||||
| 21 | (g Ein Tempel der Feigheit, der Untreue und dem Neide. ) | |||||||
| 22 | Eine Bösartigkeit der Menschlichen Natur ist diese: daß Menschen | |||||||
| 23 | einander nicht getreu sind, daß sie einander nicht trauen können, selbst in | |||||||
| 24 | Ansehung des gemeinschaftlichen intereße, dass eigennutz sie gegen einander | |||||||
| 25 | verstellt und heimlich macht. Daß der Verdacht veranlaßt, einander zuvor | |||||||
| 26 | zu kommen. Daher kann keine Armee revoltiren. Daher bleibt immer | |||||||
| 27 | die Hofnung bey feindlichen alliirten, daß sie sich trennen werden. | |||||||
| 28 | Trennung in den Theilen ist Ursache neuer Verbindungen, und verhütet | |||||||
| 29 | das allgemeine Ganze, bis die Menschheit einmal gutartig wird. Neigung, | |||||||
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