Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 085 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | hierher mit der ich, so lange ich denken kann, seyn und | ||||||
| 02 | bleiben werde | ||||||
| 03 | Ew. Wohlgeboren | ||||||
| 04 | Magdeburg | ganz ergebenster und | |||||
| 05 | den 23t Maj 1796. | dankbarster Diener und Verehrer | |||||
| 06 | Mellin. | ||||||
| 708. | |||||||
| 08 | Von Gottlieb Schlegel. | ||||||
| 09 | 8. Iuni 1796. | ||||||
| 10 | Wohlgeborner und Hochgelahrter Herr, | ||||||
| 11 | Hochzuehrender Herr Professor! | ||||||
| 12 | Ein junger Kaufmann Kayser, der das Glück gehabt hat, mehrere | ||||||
| 13 | Male von Ew. Wohlgebornen Einsichten Nutzen zu ziehen, hat mich | ||||||
| 14 | durch die Meldung Ihres geneigten Andenkens an mich sehr erfreuet, | ||||||
| 15 | welches ihm der junge G. Motherby mitgetheilt hatte. Was mich | ||||||
| 16 | betrift: so versichre ich Sie auf das theureste, daß mich bey meinem | ||||||
| 17 | jetzt gleichfalls in die Höhe steigenden Alter die Erinnerung recht sehr | ||||||
| 18 | ergötzt, wie ich in den jüngeren Iahren das Vergnügen genoßen habe, | ||||||
| 19 | mit Ew. Wohlgebornen zu Königsberg zu leben und durch Ihr Beyspiel | ||||||
| 20 | ermuntert worden zu seyn. Voll Unpartheylichkeit bekenne ich, | ||||||
| 21 | Ihre Werke nicht allein studiert zu haben, sondern auch den Grundsätzen | ||||||
| 22 | unbefangnen Beyfall zu geben. Der moralische VernunftGrundsatz, | ||||||
| 23 | den Sie so warm und nachdrücklich empfohlen haben, ist | ||||||
| 24 | immer von mir erkannt worden, wie einige in der Bibliothek des | ||||||
| 25 | Prof. Lossius recensirte Schriften zeigen, indem ich stets dem Princip | ||||||
| 26 | der eignen Wohlfahrt abgeneigt gewesen bin; trage ihn auch in den | ||||||
| 27 | theologischmoralischen Vorlesungen vor, pflege ihn aber also auszudrücken: | ||||||
| 28 | Handle nach dem Ausspruch der Vernunft, zufolge einer lautern | ||||||
| 29 | Betrachtung der Dinge. Ich habe darüber auch eine Abhandlung | ||||||
| 30 | aufgesetzt, worinn ich diese Vorstellung des Moralprincips erläutert | ||||||
| 31 | habe. Ich habe oft gewünscht, daß Ew. Wohlgebornen einige Zweifel, | ||||||
| 32 | die von manchen Gelehrten gegen etliche Lehrsätze gemacht worden | ||||||
| 33 | sind, selbst aufzulösen belieben möchten. | ||||||
| 34 | Über eines möchte ich wagen, Ew. Wohlgebornen Urtheil und | ||||||
| 35 | Belehrung ergebenst zu erbitten. Als einem Theologen ist mir der | ||||||
| [ Seite 084 ] [ Seite 086 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||