Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 064 |
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| 01 | Wohl Uns, daß auch nur darin allein der Werth liegt obgleich nur | ||||||
| 02 | als ein roher Diamant, der sich nur Kennern empfiehlt! | ||||||
| 03 | Nun mögt ich Sie mein bester! noch um eins bitten, nemlich mich | ||||||
| 04 | gütigst zu berichtigen, Wan ich, betref meiner Meynung, über dem | ||||||
| 05 | Wohnsitz des reinen Gesetzes irrig dencke - dan meiner Meynung | ||||||
| 06 | nach, Hat daßelbe seinen ursprünglichen Sitz, im Geiste und nicht in | ||||||
| 07 | der Vernunft! diese muß von dem reinen Gesetz sich belehren laßen | ||||||
| 08 | und so von demselben erleüchtet - gibt Sie dem Willen eine andere | ||||||
| 09 | beßere Richtung, in beygefügten Schemate Werden Sie meine Gedancken | ||||||
| 10 | am deutlichsten entwickelt finden. | ||||||
| 11 | Was ich längst so sehnlichst gewünscht! finde in öeffenlichen | ||||||
| 12 | Blättern - erfüllt - nemlich daß die französische Nation durch den | ||||||
| 13 | Abt Sieyes Sie ersucht habe - Ihre entworfene Constitutions=Gesetze | ||||||
| 14 | zu untersuchen - das unnütze Wegzustreichen und das beßere anzugeben. | ||||||
| 15 | Dies gefält mir um desto mehr - da dadurch eben Ihre | ||||||
| 16 | Schriften in großes Ansehen kommen und desto mehr gelesen und behertziget | ||||||
| 17 | Werden. | ||||||
| 18 | Ach Gott! Wie Weith sind die Menschen auch Hier noch zurück! | ||||||
| 19 | Hier im bergischen suchen die reformirte sogenannte - noch Licht bey | ||||||
| 20 | der Lampe, das ist man bedient sich beym Unterricht der Kinder | ||||||
| 21 | des Lampen Cathegismus Büchleins - so voller Unsinn ist! in Welcher | ||||||
| 22 | Lehr' ich auch in der Iugend unterrichtet Worden bin. aber Müh' | ||||||
| 23 | und Fleiß kostet es - der verworrener Begriffen sich zu entschlagen | ||||||
| 24 | Wan es Ihnen nicht zu viel Arbeith und Zeit Wegnimbt? mögt | ||||||
| 25 | ich Sie wohl bitten! mir, in ein paar Bogen verfaßt, Wie die Kinder | ||||||
| 26 | in der Iugend unterrichtet Werden müsten! - in Manuschript zu übermachen, | ||||||
| 27 | als ein philosophischer Versuch für die Kinder - Wie Iener | ||||||
| 28 | es War für den ewigen Frieden. | ||||||
| 29 | Ihnen zahl' ich gerne dafür - Was Sie begehren und laß es | ||||||
| 30 | zum besten der Kinder Welt unter Ihrem Nahmen und auf meine | ||||||
| 31 | Kosten hier drücken. | ||||||
| 32 | Gott sey ferner mit Ihnen! und erhalte Sie zum Besten der | ||||||
| 33 | Menschheit noch eine lange Reyhe von Iahren im Seegen ich bin so | ||||||
| 34 | lang ich athme Ihr gantz ergebener Diener und Freünd | ||||||
| 35 | Johann Plücker Werners Sohn. | ||||||
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