| Kant: AA X, Briefwechsel 1788 , Seite 527 | |||||||
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| 01 | worden, werden sie in seiner so genannten Eleutherologie | ||||||
| 02 | gefunden haben. Es hat Zeiten gegeben wo der Mann einen | ||||||
| 03 | Brief von Ihnen auf den Katheder vorgezeugt hat - und nun klagt | ||||||
| 04 | er öfter auf ebendemselben Katheder, daß sie seine Einwürfe unbeantwortet | ||||||
| 05 | gelassen hätten. - Vergeben Sie, daß ich Sie mit solchen | ||||||
| 06 | Armseeligkeiten unterhalte. Es soll auch nie wieder die Rede davon seyn. | ||||||
| 07 | Und nun dürfte es wohl die höchste Zeit für mich seyn mit der | ||||||
| 08 | Versicherung zu schliessen daß ich mit einer Verehrung der nichts als | ||||||
| 09 | meine innigste Ergebenheit gleichkömmt ewig seyn werde | ||||||
| 10 | Iena den 19 Ienner 788 | ganz der Ihrige | |||||
| 11 | Reinhold mpr. | ||||||
| 319. | |||||||
| 13 | Von Iohann Ioachim Spalding. | ||||||
| 14 | 8. Febr. 1788. | ||||||
| 15 | Höchstgeschätzter Herr Profeßor | ||||||
| 16 | Vor einem Paar Wochen ward mir aus Halle Ihre Critik der | ||||||
| 17 | praktischen Vernunft zugesandt, mit der beygefügten Anzeige, da | ||||||
| 18 | es auf Ihr Verlangen geschehe. Dieß erinnerte mich, zu meiner desto | ||||||
| 19 | größeren Beschämung, an eine schon vorher begangene Sünde. Ich | ||||||
| 20 | hatte nämlich durch den Herrn Bibliothekar, D. Biester die Metaphysik | ||||||
| 21 | der Sitten erhalten, und sie ohne Zweifel eben so, wie das | ||||||
| 22 | vorgenannte Werk, Ihrer Güte zu danken. Gewiß hätte ich nun bey | ||||||
| 23 | dem Empfange dieser letzten Schrift noch an demselbigen Tage geschrieben, | ||||||
| 24 | um für beides meine verbindlichste Erkenntlichkeit zu bezeugen und | ||||||
| 25 | wegen meiner Unterlaßungsschuld um gütige Verzeihung zu bitten, | ||||||
| 26 | wenn mich nicht seit dem Ende des Decembers ein fast beständiges | ||||||
| 27 | Uebelbefinden dazu untüchtig gemacht hätte. Ietzt, nach einiger Erholung, | ||||||
| 28 | thue ich hiemit beides, zwar spät, aber von ganzem Herzen. | ||||||
| 29 | Ueber Ihre großen philosophischen Arbeiten, theuerster Herr Profeßor, | ||||||
| 30 | bin ich einer der ungültigsten Richter. Das Maaß meiner | ||||||
| 31 | Kräfte hat mir nie verstattet, mich in die Tiefen der Speculation einzulaßen, | ||||||
| 32 | und von einem so alten Kopfe, als der meinige ist, läßt sich | ||||||
| 33 | das noch so viel weniger erwarten. Ich muß also den abstracten theo[r]etischen | ||||||
| 34 | Untersuchungen nur ganz aus dem Wege gehen, weil ich doch | ||||||
| 35 | in dieses Feld durchaus nicht hingehöre; und wenn mich gleich das | ||||||
| 36 | behauptete absolute Unvermögen der speculativen Vernunft, das Daseyn | ||||||
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