| Kant: AA X, Briefwechsel 1787 , Seite 474 | |||||||
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| 01 | Werk über die ältere Griechische Philosophie, werde ich alles was ich | ||||||
| 02 | noch nicht ganz erwiesen habe, bündig dokumentiren, und besonders | ||||||
| 03 | sein arglistiges Verfahren, in Darstellung der Systeme der ältern | ||||||
| 04 | Philosophen, ins rechte Licht sezzen. | ||||||
| 05 | Ich hoffe, daß Ew Wohlgeb. den muthwilligen und in der That | ||||||
| 06 | böses Herz verrathenden Anfall, den Meiners neulig auf Sie gewagt, | ||||||
| 07 | nachdrüklich ahnden werden. Dieser Schriftsteller weiß seinen unbesonnenen | ||||||
| 08 | Urtheilen gar keine Schranken mehr zu sezzen: wie hat er | ||||||
| 09 | uns nicht schon mit seinen seichten und verkehrten Raisonnements über | ||||||
| 10 | das Alterthum überschwemmt; dies leztere werden meine künftigen | ||||||
| 11 | Schriften in hinlängliches Licht sezzen. Wie sehr ist dieser Mann | ||||||
| 12 | noch dadurch bei mir gesunken, daß er Ihre Schriften als der Religion | ||||||
| 13 | und Moral gefärlich darstellt, und auf diese Weise, um alle die, welche | ||||||
| 14 | unter das Volk gerechnet werden müßen, gegen Sie einzunehmen, sich | ||||||
| 15 | des eben so niedrigen als boshaften Kunstgrifs bedient, den alle Bonzen | ||||||
| 16 | und Inquisitions=Tribunäle zu ähnlichen Absichten immer zu brauchen | ||||||
| 17 | pflegten. | ||||||
| 18 | Nie habe ich Dero Güte und die Schuld, in welche ich durch sie | ||||||
| 19 | bei Ihnen gekommen vergeßen: Ich bitte Ew Wohlgeb., deswegen | ||||||
| 20 | noch einige Zeit mit mir Geduld zu haben. Meine Eltern sind nicht | ||||||
| 21 | im stande, mich unmittelbar durch Geld zu unterstüzzen; ich muß daher | ||||||
| 22 | alle die Ausgaben, die mir meine Lage und mein Studieren (: zu | ||||||
| 23 | dem ich mir so viele Bücher anschaffen müßen :) nothwendig machen, | ||||||
| 24 | durch mich selbst bestreiten. Überdem hat mir das besondere Schiksaal | ||||||
| 25 | meines Mscpts ehe es gedrukt worden, große Kosten verursacht: ich | ||||||
| 26 | gerieth in Verwikkelungen mit einigen Buchhändlern, welches mich | ||||||
| 27 | nöthigte einige entfernte Reisen zu thun, und unter andern vergangenes | ||||||
| 28 | Frühjahr nach Leipzig zu reisen. Ich habe daher durch das Verdienst | ||||||
| 29 | für mein Memnonium, (: welches äußerst gering ist, und für die beiden | ||||||
| 30 | Abhandlungen in Cäsars Denkwürdigkeiten, habe ich gar nichts gekriegt :), | ||||||
| 31 | noch bei weiten nicht aus meinen Schulden kommen können. | ||||||
| 32 | Ich hoffe also, bei Ihnen in guter Meinung nicht zu verliehren, da | ||||||
| 33 | ich mich dieser Pflicht gegen Sie noch nicht entledige. | ||||||
| 34 | Ich habe izt einige günstigere Aussichten: vieleicht nimmt mein | ||||||
| 35 | Schiksall bald eine andre Wendung. | ||||||
| 36 | Ich habe unter mancherlei Mühseeligkeiten und Leiden mein | ||||||
| 37 | studieren hier fortsezzen müßen. So hat mir mein AugenÜbel große | ||||||
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