| Kant: AA X, Briefwechsel 1782 , Seite 292 | |||||||
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| 01 | daraus ersehen daß Herr M. ehegestern an Biester schreibt: Sie hätten ihm | ||||||
| 02 | entdeckt wie Sie mir für Biester die Aussicht eröfnet hätten dahin zu | ||||||
| 03 | trachten, daß für ihn die Rednerstelle mit der poetischen Profeßur des | ||||||
| 04 | Herrn Prof: Kreuzfeldt, der bald sterben müsse, vereinigt werden | ||||||
| 05 | möchte, welche beiden Stellen gleich einträglich und zusammenpaßend | ||||||
| 06 | wären, und wie Sie ihm gerathen, daß er nun dieses, welches ich | ||||||
| 07 | schiene vergeßen zu haben, für sich suchen möchte. Dieses ist gewiß | ||||||
| 08 | eine Lüge: und zwar eine doppelte Lüge: fürs erste haben Sie mir | ||||||
| 09 | nie davon gesprochen, und haben also auch gewiß ihm nichts davon | ||||||
| 10 | gesagt; fürs andere würden Sie gewiß auch nie einen ziemlich unbedeutenden | ||||||
| 11 | Mann, auf den Tod eines bravern Mannes warten machen: | ||||||
| 12 | eben so wenig werden Sie einem Mangelsdorf zu Gefallen die Vereinigung | ||||||
| 13 | zwoer Professuren befördern helfen; die Ihnen selbst für | ||||||
| 14 | Biester noch zuweilen bedenklich schien. | ||||||
| 15 | Eben so wenig, theuerster Herr Profeßor haben Sie je zu besorgen, | ||||||
| 16 | daß durch ein Gerücht Biesters vollkomne Hochachtung für | ||||||
| 17 | Sie und brüderliches Vertrauen für mich erschüttert werden möchte. | ||||||
| 18 | Biester erinnert sich dem Herrn Mangelsdorf eine solche Vorstellung | ||||||
| 19 | von der Königsbergschen Profeßur gemacht zu haben, als | ||||||
| 20 | könnte sie bis an 500 bis 600 thl. eintragen; wozu er freilich theils | ||||||
| 21 | durch meine Briefe u. Reden, theils durch Herrn Ettners Bestellung | ||||||
| 22 | Ihres Auftrages gestimt worden ist. Auf diese Vorstellung that nun | ||||||
| 23 | aber auch Herr Mangelsdorf in seinen Briefen aus Halle, als hätt, | ||||||
| 24 | er das Himmelreich auf Erden gefunden, sprach von Dankbarkeit bis | ||||||
| 25 | ins zehnte Glied u. dgl. Nun er dort ein Viertheil vieleicht weniger | ||||||
| 26 | findet, will er mit Gewalt wieder fort und sagt in Halle 1000 thl | ||||||
| 27 | gehabt zu haben. Es ist aber dem Minister Zedlitz und selbst Biestern | ||||||
| 28 | ganz recht, daß sie, für ihre Sucht nach auswärtigen Profeßoren, und | ||||||
| 29 | für ihre Nachläßigkeit in Hervorziehung tüchtiger Preußen, mit solchen | ||||||
| 30 | unruhigen und unzufriedenen Männern zu thun beckommen. Litten | ||||||
| 31 | nur nicht meine armen Landsleute doppelt darunter! Indeß bleibt die | ||||||
| 32 | doch immer eine Ursache mehr, am wenigsten für auswärtige Profeßoren, | ||||||
| 33 | die Vereinigung mehrerer Profeßuren zu befördern. Noch bitt' ich | ||||||
| 34 | Sie, bester Herr Profeßor, sich davon zu überzeugen, daß Zedlitz u. | ||||||
| 35 | Biester nicht immer glauben, die schätzbarsten Männer hinzuschicken, | ||||||
| 36 | sondern daß der hingeschickte es meistens darum ist, weil sie keinen | ||||||
| 37 | andern bekommen können. Sie sehen daß ich aus herzlicher Liebe | ||||||
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