| Kant: AA X, Briefwechsel 1777 , Seite 212 | |||||||
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| 01 | zugeführet hat, auszeichnen, daß, wenn eine solche Erscheinung nicht | ||||||
| 02 | so äußerst selten wäre, sie vor alle Bemühung eines sonst wenig einträglichen | ||||||
| 03 | Amts reichliche Belohnung seyn würde. | ||||||
| 04 | Ihr Buch an Ärtzte hat mir überaus wohl gefallen und wahre | ||||||
| 05 | Freude gemacht, ob ich gleich an der Ehre, welche es Ihnen erwerben | ||||||
| 06 | muß, keinen auch nicht entfernten Antheil haben kan. Der | ||||||
| 07 | beobachtende und praktische Geist leuchtet darinn, unter Ihrer mir | ||||||
| 08 | schon bekannten Feinheit in allgemeineren Begriffen, so vortheilhaft | ||||||
| 09 | hervor: daß, wenn Sie fortfahren die Arzneykunst mit der Forschbegierde | ||||||
| 10 | eines Experimental=philosophen und zugleich mit der gewissenhaftigkeit | ||||||
| 11 | eines Menschenfreundes zu treiben und ihr Geschäfte zugleich | ||||||
| 12 | als eine Unterhaltung vor den Geist, nicht blos als Brodkunst anzusehen | ||||||
| 13 | Sie in kurzem sich unter den Ärtzten einen ansehnlichen | ||||||
| 14 | Rang erwerben müssen. Ich will den engen Raum dieses Briefes | ||||||
| 15 | nicht damit anfüllen, die Stellen auszuzeichnen die mir besonders gefallen | ||||||
| 16 | haben, sondern vielmehr von Ihrer Einsicht und Erfahrenheit | ||||||
| 17 | einen Vortheil auf mich selbst abzuleiten suchen. | ||||||
| 18 | Unter verschiedenen Ungemächlichkeiten die meine Gesundheit täglich | ||||||
| 19 | anfechten und so oftere Unterbrechungen meiner Kopfarbeiten | ||||||
| 20 | verursachen, von denen Blehungen im Magenmunde die allgemeine | ||||||
| 21 | Ursache zu seyn scheinen, (wobey ich gleichwohl allen meinen Bekannten | ||||||
| 22 | eben so gesund vorkomme, als sie mich vor zwanzig Iahren | ||||||
| 23 | gekannt haben) ist eine Beschwerlichkeit, wowieder ich glaube, da | ||||||
| 24 | Ihre Kunst ein Hülfsmittel habe: nämlich daß ich zwar nicht eben | ||||||
| 25 | mit obstructionen geplagt bin, aber gleichwohl ieden Morgen eine so | ||||||
| 26 | mühsame und gemeiniglich so unzureichende exoneration habe daß die | ||||||
| 27 | zurük bleibende und sich anhäufende feces, so viel ich urtheilen kan, | ||||||
| 28 | die Ursache eines benebelten Kopfes und selbst iener Blehungen werden. | ||||||
| 29 | Hiewieder habe ich (wenn die Natur sich nicht selbst durch eine ausserordentliche | ||||||
| 30 | evacuation half) etwa binnen einer Zeit von drey Wochen | ||||||
| 31 | einmal, in gelinde abführenden Pillen Hülfe gesucht, welche sie mir | ||||||
| 32 | auch bisweilen so wie ich wünschte leisteten, indem sie nur einen | ||||||
| 33 | ausserordentlichen Sedem beförderten. Die mehreste mal aber wirkten | ||||||
| 34 | sie eine blos flüßige excretion, ließen die grobe Unreinigkeiten zurück | ||||||
| 35 | und verursachten mir nur eine darauf folgende Obstruction ausser der | ||||||
| 36 | Schwächung der Eingeweide welche solche Wasser=abführende purgirmittel | ||||||
| 37 | iederzeit verursachen. Mein Arzt und guter Freund wuste nichts | ||||||
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