| Kant: AA X, Briefwechsel 1772 , Seite 128 | |||||||
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| 01 | einer Freundin v. Kleist schickten, da Sie die Gütige Absicht haten. | ||||||
| 02 | ein Iunges Frauenzimmer, durch angenehmen Unterhalt zu Bilden. | ||||||
| 03 | Und Ihre Absicht wo nicht volkommen: so doch durch die Bemühung | ||||||
| 04 | erreichten, das zu werden was ich noch Wünsche zu sein. Noch jetz | ||||||
| 05 | mit Danck, dencke ich an diesen schönen Inhalt. Und dieser hat mich | ||||||
| 06 | mit durch die Zeit, da hin gebracht, daß ich gegenwertig als Mutter | ||||||
| 07 | dencke wünsche und Bittent an Sie schreibe: | ||||||
| 08 | Sie sehen mich nun in ein ander Verhältnis als ehe mahls. | ||||||
| 09 | Mein Gut wie Sie wiesen Bestehet in einen Lieben Mann! und | ||||||
| 10 | meine Schätze in 4 Kinder, wo von der älteste ein Sohn von | ||||||
| 11 | 7 Iahr ist. | ||||||
| 12 | Sein gröstes Bedürfnis Bestehet in einem Vernümftigen Hoffmeister. | ||||||
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| 14 | Und diesen erwarthe ich von Ihrer Wahl. mein Sohn hat schon einen | ||||||
| 15 | Hoffmeister ein Iahr gehabt, und ist nicht ganz un vießent, sein Fleis | ||||||
| 16 | hat auch Binnen dem Iahr gnug gethan; Er Bedarf aber mehr wie | ||||||
| 17 | einen Blosen Schulunterricht, welcher sich nicht um die Kentnis, des | ||||||
| 18 | genigen Bekimmert, den man Unterrichtet. | ||||||
| 19 | Ich werde so frey sein Ihnen meinen Sohn in der Art zu | ||||||
| 20 | schilderen wie er ist. | ||||||
| 21 | Er ist aus nehmend Munter, auch wohl Wild Besiezet alle Fäigkeiten, | ||||||
| 22 | die ein Kind nur Besiezen kann. Er hat ein gutes Herz ohne | ||||||
| 23 | alle Bosheit, oder Eigen sinn Er suchet aber durch vielfeltige Mittel | ||||||
| 24 | und schmeycheley zu seinem Zweg zu kommen Erforschet gerne deng[e]nigen | ||||||
| 25 | der mit Ihm zu Thuen hat, um seine Absichten darnach einzurichten. | ||||||
| 26 | Die Nachamungen sind gerne sein Werck. Dahero erfordert er | ||||||
| 27 | einen Hoffmeister der klug gnug ist Bei allen Gelegenheiten, ihm zu | ||||||
| 28 | erforschen. Und den nötigen Gebrauch von seinen Natur Gaben zu | ||||||
| 29 | machen weis. Da mit er die Hochachtung bei der Liebe für seinen | ||||||
| 30 | Hoffmeister behält. Es soll mir einerley sein Ob der Mann den Sie | ||||||
| 31 | mir wällen, ein Theologe, oder, ein Iurist ist. Nur kein Gottes | ||||||
| 32 | leicher mus er sein. Wenn er Französch kann so wird es mir sehr | ||||||
| 33 | lieb sein. Der Ort in dem ich bin ist für die Erziehung die ich | ||||||
| 34 | meinen Kinderen gerne geben möchte zu eingeschrenck. Darum Bitte | ||||||
| 35 | Ihnen Bei aller Freundschaft: die Sie für mich haben mir den | ||||||
| 36 | Besten Hoffmeister zu besorgen den Sie kennen. Ich dencke mit zu | ||||||
| 37 | vieler zärtlichkeit an der Wolfart meines Sohnes, um Ihnen als | ||||||
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