| Kant: AA X, Briefwechsel 1770 , Seite 085 | |||||||
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| 01 | gekommen waren, von dieser Universität erfuhr, hatt mich die Entschließung | ||||||
| 02 | faßen laßen hierher zu gehen, und es gereicht mir zu keiner | ||||||
| 03 | kleinen Beruhigung daß ich mich überzeugt halten kann, daß diese | ||||||
| 04 | Wahl weder meine junge Herren noch mich jemals gereuen wird. | ||||||
| 05 | Es ist wahr, die Zahl der hiesigen HEn. Profeßoren ist nicht | ||||||
| 06 | so groß als in Leipzig und Göttingen; man findet aber doch auch | ||||||
| 07 | schon jetzt in allen Theilen der Wißenschaften hier sehr würdige | ||||||
| 08 | Männer, und da Ihro Hochfürstl. Durchlaucht der regierende HE. | ||||||
| 09 | Marggraf es sich vorgesetzt haben, die hiesige Universität zu einer der | ||||||
| 10 | blühendsten in Teutschland zu erheben so wird Erlangen sich auch | ||||||
| 11 | gewis in Kurtzem in einer glänzendern Gestalt zeigen können. Die | ||||||
| 12 | hiesige Universitätsbibliothek welche schon sehr ansehnlich ist, weil sie | ||||||
| 13 | aus 3 fürstlichen u. verschiedenen privat Bibliotheken nebst der halben | ||||||
| 14 | Heilbrunnischen besteht, wird auch noch mit der andern Hälfte von | ||||||
| 15 | Heilbrunn und 3000 kostbaren Büchern welche erst kürtzlich der verstorbene | ||||||
| 16 | Geh. Rath von Treiden hierher vermacht hatt, vermehret | ||||||
| 17 | werden auch haben Ihro Hochfürstl. Durchl. der reg. HE. Marggraf | ||||||
| 18 | zur Unterhaltung derselben ein jährliches Einkommen von 700 Gulden | ||||||
| 19 | bey zu legen geruhet. Das Kunst und Naturalien Cabinet von Bayreuth | ||||||
| 20 | ist auch der Universität geschenkt worden, nebst einem ansehnlichen Gelände | ||||||
| 21 | über welchem auch noch kommenden Sommer ein Observatorium | ||||||
| 22 | aufgeführt werden soll. Mit Anlegung eines weitläuftigen Botanischen | ||||||
| 23 | Gartens wird auch in diesem Frühjahr schon der Anfang gemacht werden. | ||||||
| 24 | Die theologische und medicinische Facultäten sind mit den vortreflichsten | ||||||
| 25 | Männern besetzt; es fehlt auch nicht in der juristischen u. philosophischen | ||||||
| 26 | an geschickten Lehrern; aber auch diese beyde Facultäten, | ||||||
| 27 | werden noch ansehnlich erweitert werden; das Fach der schönen Wißenschaften | ||||||
| 28 | allein ist bisher etwas zu sehr vernachläßiget worden, doch | ||||||
| 29 | wird auch diese Lücke nicht lange mehr unausgefüllet bleiben. Zu | ||||||
| 30 | Sprachen und Exercicien hatt man hier so gute Gelegenheit als auf | ||||||
| 31 | irgend einer Universität. Die hiesige frantzösische Colonie bey welcher | ||||||
| 32 | zween geschickte Prediger stehen von welchen der eine ein Gelehrter | ||||||
| 33 | und vortreflicher Redner ist, tragen auch nicht wenig zu dem angenehmern | ||||||
| 34 | Umgange u. der Erlernung der frantzösischen Sprache bey. | ||||||
| 35 | Ietzt will ich aber noch eines Umstandes erwehnen, der Ew. Hochedelgeb. | ||||||
| 36 | besonders betrift. Des Herrn Staatsministers u. Curators der hiesigen | ||||||
| 37 | Universität Freyherrn von Seckendorf, Excellentz, ein Herr welcher Wißenschaften | ||||||
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