Kant: AA VIII, Über das Mißlingen ... , Seite 258 |
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| 01 | Es wird also gegen jene drei Klagen die Verantwortung auf die | ||||||
| 02 | oben erwähnte dreifach verschiedene Art vorgestellt und ihrer Gültigkeit | ||||||
| 03 | nach geprüft werden müssen. | ||||||
| 04 | I Wider die Beschwerde gegen die Heiligkeit des göttlichen Willens | ||||||
| 05 | aus dem Moralisch=Bösen, welches die Welt, sein Werk, verunstaltet, besteht | ||||||
| 06 | die erste Rechtfertigung darin: | ||||||
| 07 | a) Daß es ein solches schlechterdings Zweckwidrige, als wofür wir die | ||||||
| 08 | Übertretung der reinen Gesetze unserer Vernunft nehmen, gar nicht gebe, | ||||||
| 09 | sondern daß es nur Verstöße wider die menschliche Weisheit seien; da | ||||||
| 10 | die göttliche sie nach ganz andern, uns unbegreiflichen Regeln beurtheile, | ||||||
| 11 | wo, was wir zwar beziehungsweise auf unsre praktische Vernunft und | ||||||
| 12 | deren Bestimmung mit Recht verwerflich finden, doch in Verhältniß auf | ||||||
| 13 | göttliche Zwecke und die höchste Weisheit vielleicht gerade das schicklichste | ||||||
| 14 | Mittel sowohl für unser besonderes Wohl, als das Weltbeste überhaupt | ||||||
| 15 | sein mag; daß die Wege des Höchsten nicht unsre Wege seien ( sunt Superis | ||||||
| 16 | sua iura ), und wir darin irren, wenn, was nur relativ für Menschen in | ||||||
| 17 | diesem Leben Gesetz ist, wir für schlechthin als ein solches beurtheilen und | ||||||
| 18 | so das, was unsrer Betrachtung der Dinge aus so niedrigem Standpunkte | ||||||
| 19 | als zweckwidrig erscheint, dafür auch, aus dem höchsten Standpunkte betrachtet, | ||||||
| 20 | halten. - Diese Apologie, in welcher die Verantwortung ärger | ||||||
| 21 | ist als die Beschwerde, bedarf keiner Widerlegung und kann sicher der | ||||||
| 22 | Verabscheuung jedes Menschen, der das mindeste Gefühl für Sittlichkeit | ||||||
| 23 | hat, frei überlassen werden. | ||||||
| 24 | b) Die zweite vorgebliche Rechtfertigung würde zwar die Wirklichkeit | ||||||
| 25 | des Moralisch=Bösen in der Welt einräumen, den Welturheber aber damit | ||||||
| 26 | entschuldigen, daß es nicht zu verhindern möglich gewesen: weil es sich | ||||||
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